Wegleitung zum Berner Finanzdienstleistungsabkommen für Schweizer Finanzinstitute, die Finanzdienstleistungen im Vereinigten Königreich erbringen möchten | Pestalozzi Attorneys at Law

Wegleitung zum Berner Finanzdienstleistungsabkommen für Schweizer Finanzinstitute, die Finanzdienstleistungen im Vereinigten Königreich erbringen möchten

19.11.2025

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Key takeaways

  • Die Veröffentlichung von Wegleitungen zur Umsetzung des BFSA durch die FINMA bzw. die PRA/FCA ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Inkrafttreten des BFSA und liefert den Marktteilnehmern konkrete Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um von den Möglichkeiten des BFSA profitieren zu können.
  • Diese Voraussetzungen können je nach den konkreten Umständen und den im Rahmen des BFSA zu erbringenden Dienstleistungen Registrierungs-, Offenlegungs- und periodische Meldepflichten umfassen.
  • Angesichts des geplanten Inkrafttretens des BFSA am 1. Januar 2026 sollten interessierte Unternehmen im Vereinigten Königreich prüfen, ob sie diese Voraussetzungen erfüllen, und gegebenenfalls frühzeitig den Registrierungsprozess einleiten.

Einleitung

Das Berner Finanzdienstleistungsabkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich (das "Berner Finanzdienstleistungsabkommen" oder "BFSA") wurde im Dezember 2023 zwischen den beiden Ländern unterzeichnet und wird Finanzinstituten mit Sitz in der Schweiz und im Vereinigten Königreich eine Reihe neuer Möglichkeiten eröffnen. Einen allgemeinen Überblick über den Inhalt des BFSA und die damit verbundenen Möglichkeiten finden Sie in unserem Legal Update vom 18. Juni 2025.

Am 3. November 2025 haben sowohl die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht ("FINMA") als auch die britische Financial Conduct Authority ("FCA") gemeinsam mit der britischen Prudential Regulation Authority ("PRA") Wegleitungen zur Umsetzung des Berner Finanzdienstleistungsabkommens veröffentlicht – in Vorbereitung auf das Inkrafttreten des BFSA am 1. Januar 2026.

Die Wegleitungen enthalten insbesondere weitere praktische Informationen für Finanzdienstleister in Bezug auf die sektoralen Anhänge des BFSA, die sich auf Versicherungs- bzw. Investment Services beziehen. Dieses Legal Update konzentriert sich auf praktische Informationen und Voraussetzungen für Finanzinstitute mit Sitz in der Schweiz, die Finanzdienstleistungen in das Vereinigte Königreich erbringen möchten – für britische Finanzinstitute, die Finanzdienstleistungen in die Schweiz erbringen möchten, verweisen wir auf unser separates Legal Update.

Anforderungen für die Erbringung von Versicherungsdienstleistungen

Die grenzüberschreitende Erbringung von Versicherungsdienstleistungen aus der Schweiz in das Vereinigte Königreich war bereits vor dem BFSA nach geltendem nationalem Recht möglich. Das BFSA behält diesen Status quo bei, sodass Schweizer Versicherer ihre grenzüberschreitenden Dienstleistungen in das Vereinigte Königreich auf dieser Grundlage auch weiterhin erbringen können.

Anforderungen für die Erbringung von Investment Services

Umfang der erfassten Wertpapierdienstleistungen

Die vom BFSA erfassten Investment Services umfassen Wertpapierdienstleistungen und -aktivitäten sowie Nebendienstleistungen im Sinne des britischen Rechts. Zu den Wertpapierdienstleistungen und -aktivitäten gehören unter anderem die Ausführung von Aufträgen im Namen von Kunden, die Portfolioverwaltung sowie die Anlageberatung. Nebendienstleistungen stehen in der Regel im Zusammenhang mit den Hauptaktivitäten, jedoch sieht das BFSA vor, dass solche Nebendienstleistungen auch eigenständig erbracht werden können.

Darüber hinaus gelten auch Mitteilungen an oder an natürliche Personen mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich und deren Vertreter sowie an im Vereinigten Königreich gegründete private Anlagestrukturen, mit dem Zweck festzustellen, ob eine solche Person als vermögender Kunde im Sinne des BFSA gilt, als erfasste Dienstleistung im Sinne des BFSA – was besonders wichtig ist, wenn Geschäftsbeziehungen mit neuen Kunden, deren Status unklar ist, angebahnt werden sollen.

Erfasste Schweizer Finanzinstitute

Banken, Wertpapierhäuser, Fondsleitungen, Verwalter von Kollektivvermögen und Vermögensverwalter, die in der Schweiz inkorporiert sind (die „Schweizer Finanzdienstleister“) – wobei Zweigniederlassungen oder Vertretungen ausländischer Finanzinstitute in der Schweiz ausgeschlossen sind – die im Vereinigten Königreich im Rahmen des BFSA Geschäfte tätigen möchten, sollten sicherstellen, dass sie – auf der Grundlage der geltender Vorschriften und ihrer Organisationsdokumente – berechtigt sind, die Tätigkeiten in der Schweiz (oder von der Schweiz aus) auszuüben, die sie in das Vereinigten Königreich erbringen möchten.

Schweizer Finanzdienstleister mit Zweigniederlassung im Vereinigten Königreich

Für Schweizer Finanzdienstleister, die bereits Zweigniederlassungen im Vereinigten Königreich betreiben, die gemäss Part 4A des britischen Financial Services and Markets Act 2000 ("FSMA") zugelassen sind, gilt zu beachten, dass die unter das erfassten Dienstleistungen nicht unter dem BFSA erbracht werden dürfen, wenn diese Dienstleistungen bereits von der britischen Zweigniederlassung erbracht werden. Daher müssen diese Schweizer Finanzdienstleister entscheiden, ob sie eine bestimmte vom BFSA erfasste Dienstleistung unter dem BFSA oder über deren britische Zweigniederlassung erbringen möchten.

Damit ein Schweizer Finanzdienstleister erfasste Wertpapierdienstleistungen im Vereinigten Königreich erbringen kann, müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein.

Registrierungspflicht

Schweizer Finanzdienstleister müssen im BFSA-Register der FCA eingetragen sein. Zu diesem Zweck müssen Schweizer Finanzdienstleister die FINMA (über die EHP-Plattform) benachrichtigen und folgende Angaben machen:

  • Name und Kontaktdaten;
  • Bewilligungsstatus (als Bank, Wertpapierhaus, Fondsleitung, Verwalter von Kollektivvermögen oder Vermögensverwalter);
  • Dienstleistungen, die im Rahmen des BFSA erbracht werden sollen;
  • Bestätigung, dass das Institut für solche Dienstleistungen zugelassen ist und diese bereits ausserhalb des BFSA anbietet; und
  • Bestätigung, dass das Institut alle Bedingungen des BFSA erfüllen wird.

Die FINMA prüft die Meldung und teilt der FCA innerhalb von 60 Tagen das Ergebnis ihrer Prüfung mit. Innerhalb weiterer 30 Tage nach dieser positiven Bestätigung nimmt die FCA den Schweizer Finanzdienstleister in ihr öffentliches BFSA-Register auf – ab diesem Zeitpunkt kann der Schweizer Finanzdienstleister mit der Erbringung vom BFSA erfasster Dienstleistungen im Vereinigten Königreich beginnen. Im Falle späterer Änderungen der ursprünglichen Meldung ist das Unternehmen verpflichtet, die FINMA zu benachrichtigen – obiger Mechanismus und Fristen gelten auch in diesen Fällen.

Offenlegungspflichten

Ferner sind Schweizer Finanzdienstleister verpflichtet, einem Kunden im Vereinigten Königreich vor Vertragsabschluss mit diesem Kunden folgende Informationen offenzulegen:

  • dass es sich bei dem Unternehmen um eine nach schweizerischem Recht gegründete oder inkorporierte Gesellschaft handelt;
  • dass das Unternehmen in der Schweiz bewilligt ist und beaufsichtigt wird;
  • dass das Unternehmen nicht im Vereinigten Königreich zugelassen oder reguliert ist oder, falls es gemäss Part 4A des FSMA zugelassen ist, im Vereinigten Königreich nicht zur Erbringung der gemäss dem BFSA gemeldeten erfassten Dienstleistungen berechtigt ist;
  • Gerichtsstand und anwendbares Recht des abzuschliessenden Vertrags;
  • dass das britische Financial Services Compensation Scheme nicht zur Verfügung steht; und
  • dass das britische System zur aussergerichtlichen Streitbeilegung im Bereich Finanzdienstleistungen (Financial Ombudsman Service) nicht zur Verfügung steht.

Meldepflichten

Schweizer Finanzdienstleister, die im Vereinigten Königreich vom BFSA erfasste Dienstleistungen erbringen, müssen der FSA regelmässig folgende Informationen melden:

  • Firmenname (sowie ggf. abweichender Handelsname);
  • Firmenregistrierungsnummer bei der FINMA und BFSA-Registrierungsnummer bei der FCA;
  • Anzahl bedienter erfasster Kunden im Berichtszeitraum, aufgeschlüsselt nach Dienstleistungskategorie und Kundentyp;
  • Gesamtumsatz aus der Erbringung erfasster Dienstleistungen für erfasste Kunden im Berichtszeitraum;
  • wenn der Gesamtumsatz in zwei aufeinanderfolgenden Berichtszeiträumen jeweils GBP 50'000'000 übersteigt, muss das Unternehmen eine Aufschlüsselung des Umsatzes im Berichtszeitraum vorlegen (a) nach Kategorie der erfassten Dienstleistungen und (b) für folgenden Kategorien erfasster Dienstleistungen muss die Meldung den Umsatz nach erfassten Finanzinstrumenten enthalten: Handel auf eigene Rechnung, Ausführung von Aufträgen im Namen von erfassten Kunden sowie Entgegennahme und Übermittlung von Aufträgen;
  • anonymisierte Informationen über Beschwerden wesentlicher Art, die von erfassten Kunden gegen das Unternehmen in Bezug auf die Erbringung erfasster Dienstleistungen vorgebracht wurden; und
  • Angaben dazu, ob das Unternehmen im Berichtszeitraum mit erfassten Kunden im Vereinigten Königreich Vereinbarungen über Sicherheiten mit Eigentumsübertragung geschlossen hat.

Diese regelmässigen Berichte sind der FINMA über die EHP-Plattform jährlich bis zum 30. April des auf die Eintragung des Schweizer Finanzdienstleisters in das BFSA-Register der FCA folgenden Jahres vorzulegen. Die FINMA leitet diesen Jahresbericht an die FCA weiter und behält eine Kopie davon.

Ausblick

Die Veröffentlichung der Wegleitungen durch die FINMA bzw. die PRA/FCA ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Inkrafttreten des BFSA. Die Wegleitungen legen die spezifischen Voraussetzungen fest, die britische Versicherer, unabhängige Versicherungsvermittler und Finanzdienstleister erfüllen müssen, um vom vereinfachten und/oder verbesserten Marktzugang in das Vereinigte Königreich im Rahmen des BFSA zu profitieren.

Interessierte Marktteilnehmer, die diese neuen Marktzugangsmöglichkeiten nutzen möchten, sind gut beraten, frühzeitig mit dem Registrierungsprozess und/oder den Vorbereitungsarbeiten im Zusammenhang mit den Offenlegungspflichten zu beginnen, da Schweizer Finanzdienstleister ihre Dienstleistungen erst nach ihrer Eintragung in das BFSA-Register erbringen dürfen.

Autoren: Oliver Widmer (Partner), Dr. iur. Samir Ainouz (Associate)

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Dieses Legal Update gibt einen allgemeinen Überblick über die Rechtslage in der Schweiz und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Falls Sie Fragen zu diesem Legal Update haben oder Rechtsberatung hinsichtlich Ihrer Situation benötigen, wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Pestalozzi Rechtsanwälte AG oder an eine der in diesem Legal Update erwähnten Kontaktpersonen.

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