Sanierungen: Steuerfallen vermeiden | Pestalozzi Attorneys at Law

Sanierungen: Steuerfallen vermeiden

22.03.2020

Die steuerliche Behandlung von Sanierungsmassnahmen kann einen wesentlichen Einfluss auf die finanzielle Situation des Unternehmens haben.

Key takeaways

  • Sanierungsmassnahmen können Steuerfolgen haben – sowohl für die sanierte Gesellschaft als auch die Anteilsinhaber, die Sanierungsleistungen erbringen.
  • Die Steuerfolgen von Sanierungsmassnahmen hängen vielfach davon ab, wie eine Sanierungsmassnahme durchgeführt wird.
  • Damit die Sanierungsmassnahme ihre maximale Wirkung für das Unternehmen entfalten kann, müssen die Steuerfolgen bedacht werden, bevor eine Sanierungsmassnahme durchgeführt wird.
  • Zusätzlich sollte geprüft werden, ob eine Steuerstundung oder ein Steuererlass möglich sind. 

Sanierungsmassnahme

Steuerfolgen Schweiz

Rangrücktritt

Fremdkapital bleibt bestehen, Gläubiger verzichten vorläufig auf die Erfüllung ihrer Forderung;

Ein genügender Rangrücktritt ermöglicht trotz Überschuldung auf die Benachrichtigung des Konkursgerichts zu verzichten

Begünstigte Gesellschaft:

Keine Steuerfolgen.

Gläubiger, der seine Forderung subordiniert:

Abschreibung der Forderung ist im Geschäftsvermögen steuerlich abzugsfähiger Aufwand.

Zuschuss in die Reserven

(keine Erhöhung des statutarischen Kapitals)

Mittels Bar- oder «Sacheinlage» werden der Gesellschaft neue Mittel zugeführt; ohne statutarische Kapitalerhöhung

Begünstigte Gesellschaft:

Gewinnsteuer:

Keine Gewinnsteuerfolgen.

Emissionsabgabe:

Zuschuss vom direkten Aktionär/Gesellschafter:

Gesellschaft schuldet 1% Emissionsabgabe; ggf. CHF 10 Mio. Sanierungsfreibetrag, i.ü. Steuererlass denkbar

Zuschuss vom indirekten Aktionär/Gesellschafter:

Keine Emissionsabgabe (ausser wenn Verbuchung auf Ebene einer Zwischengesellschaft in der Schweiz)

Bildung von verrechnungssteuerbefreiten Kapitaleinlagereserven:

Möglich, sofern die Kapitaleinlage vom direkten Anteilsinhaber kommt und nicht mit dem in der Handelsbilanzverlust ausgewiesenen Verlust verrechnet wird (Bruttoausweis). Für Emissionsabgabebefreiung (CHF 10 Mio. Sanierungsfreibetrag oder Erlass) wird aber verlangt, dass Verlustverrechnung erfolgt.

Folge: Wenn sich der direkte Aktionär ausserhalb der Schweiz befindet und bei Dividendenausschüttungen keine volle Entlastung von der Verrechnungssteuer erhalten kann: Abwägen, ob die Ausnahme von der Emissionsabgabe in Anspruch genommen werden soll, oder ob verrechnungssteuerbefreite Kapitaleinlagereserven gebildet werden sollen.

Aktionäre/Gesellschafter:

Keine unmittelbaren Steuerfolgen.

Im Geschäftsvermögen ist der Zuschuss grundsätzlich auf der Beteiligung zu aktivieren. Zudem ändern die für den Beteiligungsabzug massgebenden steuerlichen Werte.

Gegebenenfalls ist der Buchwert der Beteiligung sodann wieder abzuschreiben (steuerlich abzugsfähiger Aufwand). Die für den Beteiligungsabzug massgebenden steuerlichen Werte bleiben von einer solchen Abschreibung unberührt. Eine spätere Werterholung der Beteiligung kann zu steuerbarem Ertrag führen (kein Beteiligungsabzug).

Forderungsverzicht

Verbindlichkeiten der Gesellschaft werden vermindert

Begünstigte Gesellschaft:

Forderungsverzicht durch unabhängige Dritte:

Gewinnsteuer:

Bei der Gesellschaft steuerlich erfolgswirksam und führt zum Verbrauch steuerlicher Verlustvorträge (ohne zeitliche Verrechnungsbeschränkung).

Forderungsverzicht durch direkten Aktionär/Gesellschafter:

Gewinnsteuer:

Bei der Gesellschaft grundsätzlich steuerlich erfolgswirksam und führt zum Verbrauch steuerlicher Verlustvorträge (ohne zeitliche Verrechnungsbeschränkung).
Hingegen ist eine sog. "Verrechnungsliberierung" erfolgsneutral. Bei einer Verrechnungsliberierung wird das statutarische Kapital erhöht unter Verrechnung der Forderung, die der Anteilsinhaber gegen die Gesellschaft hat. Auf diese Weise kann gewinnsteuerneutral auch Agio geschaffen werden. Wenn Agio geschaffen und sodann eine Verlustverrechnung erfolgt, ist eine Ausnahme von der Emissionsabgabe möglich (siehe oben Zuschuss in die Reserven).

Ein Forderungsverzicht des direkten Aktionärs/Gesellschafters ist ausnahmsweise erfolgsneutral, wenn das verzichtete Gesellschafterdarlehen:

  • vor der Sanierung steuerlich als Eigenkapital behandelt wurde (sog. "verdecktes Eigenkapital"); oder
  • erstmalig oder zusätzlich wegen schlechten Geschäftsgangs gewährt wurde und unter den gleichen Umständen von einem unabhängigen Dritten nicht zugestanden worden wäre.

Emissionsabgabe:

Auf Forderungsverzicht eines direkten Anteilsinhabers schuldet die Gesellschaft 1% Emissionsabgabe, nach Ansicht der Steuerbehörden auch wenn der Forderungsverzicht erfolgswirksam ist (ggf. CHF 10 Mio. Sanierungsfreibetrag, i.ü. Steuererlass denkbar soweit Verrechnung mit Bilanzverlust).

Bildung von verrechnungssteuerbefreiten Kapitaleinlagereserven:

Möglich (nur) wenn der Forderungsverzicht für die Gesellschaft gewinnsteuerneutral ist und keine Verrechnung mit dem Bilanzverlust erfolgt.

Forderungsverzicht durch sonstige Nahestehende (andere als direkter Anteilsinhaber):

Gewinnsteuer:

Bei der Gesellschaft grundsätzlich steuerlich erfolgswirksam (mit zeitlich unbeschränkter Verrechnung von Vorjahresverlusten), sofern der Forderungsverzicht aus Sicht der verzichtenden nahestehenden Person geschäftsmässig begründet ist (also z.B. keine sog. "verdeckte Gewinnausschüttung" einer Schwestergesellschaft). Anderenfalls ist der Forderungsverzicht für die begünstigte Gesellschaft erfolgsneutral.

Emissionsabgabe:

Keine.

Bildung von verrechnungssteuerbefreiten Kapitaleinlagereserven:

Nicht möglich.

Verzichtende Gläubiger:

Unabhängige Dritte:

Im Geschäftsvermögen ist der verbuchte Forderungsverzicht steuerlich abzugsfähiger Aufwand.

Direkter Aktionär/Gesellschafter:

Im Geschäftsvermögen ist der Forderungsverzicht steuerlich abzugsfähiger Aufwand, sofern der Forderungsverzicht für die begünstigte Gesellschaft erfolgswirksam ist. Anderenfalls sind die Steuerfolgen des Forderungsverzichts für den direkten Aktionär dieselben wie beim Zuschuss.

Sonstige Nahestehende (andere als direkter Aktionär/Gesellschafter):

Gewinnsteuer:

Im Geschäftsvermögen ist der Forderungsverzicht steuerlich abzugsfähiger Aufwand, sofern der Forderungsverzicht für die begünstigte Gesellschaft erfolgswirksam ist.
Anderenfalls, liegt steuerlich eine sog. "verdeckte Gewinnausschüttung" vor. Der Forderungsverzicht führt dann nicht zu abzugsfähigem Aufwand.

Verrechnungssteuer:

Sofern der Forderungsverzicht steuerlich eine "verdeckte Gewinnausschüttung" der verzichtenden Gesellschaft ist (und handelsrechtlich nicht als offene Dividendenausschüttung erfolgt und dabei den verrechnungssteuerbefreiten Kapitaleinlagereserven belastet wird), unterliegt der Forderungsverzicht der Verrechnungssteuer (35% oder ggf. 53.85% bei Nichtüberwälzung auf den Empfänger und "Aufrechnung ins Hundert").

Sanierungsfusion

Fusion einer sanierungsbedürftigen Gesellschaft mit einer gesunden Gesellschaft; sanierungsbedürftige Gesellschaft wird von der gesunden Gesellschaft aus deren Reserven saniert

Fusionierende Gesellschaften:

Gewinnsteuer:

Übernahme der steuerlichen Verlustvorträge der sanierungsbedürftigen Schwestergesellschaft möglich (Ausnahmen: absorbierte Gesellschaft hatte Geschäftstätigkeit bereits eingestellt; oder übertragener Betrieb wird kurz nach der Fusion eingestellt)

Verrechnungssteuer:

Auf den durch die Verlustausbuchung im Zuge der Sanierungsfusion untergehenden Reserven (ausser verrechnungssteuerbefreite Kapitaleinlagereserven) kann nach Auffassung der ESTV Verrechnungssteuer geschuldet sein (insbes. Fusion von Schwestergesellschaften).

Aktionäre der fusionierenden Gesellschaften:

Gewinnsteuer:

Im Geschäftsvermögen erfolgs- und damit steuerneutral. Der Gewinnsteuerwert der fusionierten Beteiligung bleibt gesamthaft unverändert.

Einkommenssteuer:

Wenn die fusionierenden Gesellschaften im Privatvermögen gehalten werden, unterliegen die Reserven der gesunden Gesellschaft, mit denen die sanierungsbedürftige Gesellschaft saniert wird, bei Anteilsinhabern der Einkommenssteuer.

Buchmässige Aufwertung

Reduktion Verlustvortrag durch buchhalterische Massnahmen

(verbessert weder das tatsächlich vorhandene Eigenkapital noch die Liquidität der Gesellschaft)

Begünstigte Gesellschaft:

Gewinnsteuer:

Steuerlich erfolgswirksamer Vorgang im Umfang der gesamten Aufwertung.

Steuerliche Verlustvorträge werden entsprechend reduziert; Verlustvorträge können nur verrechnet werden, soweit sie aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren stammen.

Aktionäre/Gesellschafter:

Keine Steuerfolgen

Was Sie jetzt tun sollten

Sanierungsmassnahmen können Steuerfolgen haben. Die Steuerfolgen müssen bedacht werden, bevor die Sanierungsmassnahme durchgeführt wird. Nur so kann erreicht werden, dass die Sanierungsmassnahme ihre maximale Wirkung für das Unternehmen entfaltet. Zusätzlich sollte geprüft werden, ob eine Steuerstundung oder ein Steuererlass möglich sind.

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