Keine Lohnfortzahlung während behördlicher Betriebsschliessung auf Grund des Coronavirus | Pestalozzi Attorneys at Law

Keine Lohnfortzahlung während behördlicher Betriebsschliessung auf Grund des Coronavirus

08.09.2023

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Drei Lehrpersonen einer Privatschule kündigten ihr Arbeitsverhältnis im Januar 2020 per Ende August 2020. Im April 2020 wurde der Schulbetrieb wegen des Coronavirus auf behördliche Anordnung hin eingestellt. Die Privatschule als Arbeitgeberin teilte den drei Lehrpersonen alsdann mit, dass sie ihren Lohn um die entfallene Arbeit kürzen werde. Grund hierfür war, dass Kurzarbeit (d.h. die staatliche Entschädigung zur Überbrückung vorübergehender Beschäftigungseinbrüche zwecks Erhaltung von Arbeitsplätzen) aufgrund des gekündigten Arbeitsverhältnisses nicht möglich sei. In der Folge richtete die Privatschule den Lehrpersonen gekürzte Löhne aus. Die Lehrpersonen waren damit nicht einverstanden.

Das Bundesgericht hat nun – nach einer (seltenen) öffentlichen Beratung – entschieden, dass die behördlich angeordnete Betriebsschliessung zur Bekämpfung des Coronavirus als objektiver Grund gelte, der alle in gleicher Weise und nicht nur spezifisch Arbeitgeberinnen treffe. Die Betriebsschliessung falle daher nicht in das Betriebsrisiko der Privatschule. Diese sei daher nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet, falls die Kurzarbeitsentschädigung den Lohnausfall nicht decke (BGer 4A_53/2023 vom 30.08.2023).

Es steht damit fest, dass Arbeitgeberinnen während behördlich angeordneten Betriebsschliessungen zur Bekämpfung des Coronavirus nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet waren, sofern der Lohnausfall nicht durch die Kurzarbeitsentschädigung gedeckt war.

Kurzarbeit bzw. Kurzarbeitsentschädigung entfällt – neben den soeben erwähnten Fällen gekündigter Arbeitsverhältnisse – grundsätzlich in den folgenden Konstellationen (Aufzählung nicht abschliessend):

  • Arbeitnehmende, die mit der Kurzarbeit nicht einverstanden waren;
  • Arbeitnehmende, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis ohne vertraglich vereinbarte Kündigungsmöglichkeit standen;
  • Arbeitnehmende in einem Lehrverhältnis;
  • Arbeitnehmende, die von einer fremden Gesellschaft zugemietet wurden;
  • Arbeitnehmende, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar war (weil z.B. die Arbeitgeberin keine betriebliche Arbeitszeitkontrolle hatte);
  • unselbständig erwerbstätige Personen, die in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsrat oder Verwaltungsrätin bei einer AG, als Gesellschafter oder Gesellschafterin bei einer GmbH, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Betriebs bestimmten oder massgeblich beeinflussen konnten.

Es ist davon auszugehen, dass die neue bundesgerichtliche Rechtsprechung auch auf diese anderen Fälle von ausgeschlossener Kurzarbeitsentschädigung zur Anwendung gelangt. Dies bedürfte jedoch einer Prüfung im Einzelfall.

Ob zudem eine Arbeitgeberin tatsächlich geleistete Lohnzahlungen, zu deren Erstattung sie gemäss neustem Bundesgerichtsentscheid eigentlich nicht verpflichtet gewesen wäre, von den betroffenen Arbeitnehmenden zurückfordern bzw. mit Forderungen der Arbeitnehmenden verrechnen kann, ist fraglich. Dies bedürfte ebenfalls eingehender Abklärung im Einzelfall.

Das Urteil des Bundesgerichts ist damit insbesondere für künftige behördliche Anordnungen oder ähnlich gelagerte Fälle relevant. Das Bundesgericht bezeichnete dabei Kriegswirren oder kriegswirtschaftliche Massnahmen als ähnliche Gründe wie die behördlich angeordnete Betriebsschliessung infolge Pandemie.

Autoren: Andreas Lienhard (Partner) und Martina Herzog (Associate)

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