Handlungsbedarf für Vermögensverwalter in der beruflichen Vorsorge
- Die Meldepflicht bei der FINMA für Vermögensverwalter in der beruflichen Vorsorge ist am 30. Juni 2020 abgelaufen. Bei Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation (SRO) darf eine bestehende Tätigkeit bis zur Einreichung des Bewilligungsgesuchs, welche bis spätestens am 31. Dezember 2022 zu erfolgen hat, weitergeführt werden.
- Nach Abklärung der Bewilligungspflicht sowie -fähigkeit eines Vermögensverwalters in der beruflichen Vorsorge ist es empfehlenswert, in einem nächsten Schritt das aktuelle Geschäftsmodell kritisch zu hinterfragen und Grundsatzentscheide zu treffen betreffend zukünftiger Organisationsstruktur und Tätigkeiten.
- Weiter sind interne Prozesse zu überarbeiten und formalisieren sowie ein schlankes, zweckmässiges Weisungswesen zu erstellen.
Inkrafttreten FINIG
Am 1. Januar 2020 ist das neue Finanzinstitutsgesetz (FINIG) und damit die neue Regelung für die Bewilligung und Aufsicht von Vermögensverwaltern in der beruflichen Vorsorge in Kraft getreten. Die Verwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen werden neu durch die FINMA bewilligt und abhängig von der Art und Höhe der verwalteten Vermögenswerte entweder von einer Aufsichtsorganisation oder der FINMA direkt beaufsichtigt.
Die Verwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen, die neu der Bewilligung durch die FINMA unterstehen, haben sich bis 30. Juni 2020 bei der FINMA melden müssen. Bis spätestens 31. Dezember 2022 müssen sie sodann den Anforderungen des FINIG genügen und bei der FINMA ein Gesuch um Bewilligung stellen. Sofern sie einer Selbstregulierungsorganisation im Sinne von Art. 24 GwG angeschlossen sind, können sie ihre Tätigkeit bis zum Bewilligungsentscheid durch die FINMA weiterführen. Die Zulassung von Vermögensverwaltern in der beruflichen Vorsorge durch die OAK BV nach Art. 48f Abs. 5 BVV2 wurde per 31. Dezember 2019 aufgehoben.
Zwei Arten von Bewilligungen für Vermögensverwalter in der beruflichen Vorsorge
Als Verwalter von Kollektivvermögen gilt gemäss Art. 24 Abs. 1 FINIG, wer gewerbsmässig Vermögenswerte im Namen und für Rechnung von kollektiven Kapitalanlagen und/oder Vorsorgeeinrichtungen verwaltet. Verwalter von Kollektivvermögen, die Vermögenswerte von Vorsorgeeinrichtungen von insgesamt höchstens CHF 100 Millionen und im obligatorischen Bereich zudem höchstens 20 Prozent der Vermögenswerte einer einzelnen Vorsorgeeinrichtung verwalten, gelten als leichter regulierte (einfache) Vermögensverwalter im Sinne von Art. 17 Abs. 1 FINIG (Art. 24 Abs. 2 lit. b FINIG). Alle anderen Vermögensverwalter in der beruflichen Vorsorge gelten als Verwalter von Kollektivvermögen.
Die Berechnung der Schwellenwerte für Verwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen erfolgt unabhängig von weiteren Arten von verwalteten Vermögen wie individuelle Vermögensverwaltung und Verwaltung von sonstigen kollektiven Kapitalanlagen. In diesem Zusammenhang ist die Höhe der verwalteten Vermögen gestützt auf Art. 34 Abs. 2 FINIV wie folgt zu berechnen:
- Vorsorgeeinrichtungen (registriert und nicht registriert)
- patronale Wohlfahrtsfonds
- Anlagestiftungen
- Säule 3a-Stiftungen
- Freizügigkeitsstiftungen
Der Schwellenwert von höchstens CHF 100 Millionen wird durch den Verwalter auf Quartalsbasis sowie der Schwellenwert von 20% im obligatorischen Bereich durch die Vorsorgeeinrichtung jährlich berechnet und dem Verwalter mitgeteilt.
Hauptunterschiede bei der Regulierung von (einfachen) Vermögensverwaltern und Verwaltern von Kollektivvermögen
An die Verwalter von Kollektivvermögen werden grundsätzlich die gleichen Anforderungen gestellt wie ehemals an die Vermögensverwalter unter dem Kollektivanlagengesetz. Die Anforderungen an die minimale Substanz von Vermögensverwaltern von Kollektivvermögen sind abhängig von Geschäftsmodell und Komplexität des Geschäfts, Höhe der verwalteten Vermögen sowie Auslagerungsmöglichkeit von gewissen Funktionen. In den vergangenen Jahren hat sich die Aufsichtspraxis der FINMA betreffend Organisation von Verwaltern von Kollektivvermögen stetig weiterentwickelt. Die (mitunter sehr strengen) Organisationserfordernisse der FINMA galten für kleine wie auch grosse Vermögensverwalter gleichermassen. Für Verwalter von Kollektivvermögen erfolgt die Bewilligungserteilung, laufende Aufsicht sowie Enforcement durch die FINMA.
Art. 9 Abs. 3 FINIG sieht nun vor, dass bei den Mindestanforderungen an die Organisation der Finanzinstitute den unterschiedlichen Geschäftstätigkeiten und Unternehmensgrössen sowie den Risiken der Finanzinstitute Rechnung zu tragen ist. Gemäss Art. 37 Abs. 5 und Art. 38 Abs. 4 der Finanzinstitutsverordnung (FINIV) kann die FINMA insbesondere eine Ausnahme betreffend Anforderungen an ein besonderes Organ für die Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle gewähren, sofern Art und Umfang der Tätigkeit es erfordern, insbesondere wenn das Unternehmen zehn oder weniger Vollzeitstellen oder einen jährlichen Bruttoertrag von weniger als CHF 5 Millionen aufweist.
Für (einfache) Vermögensverwalter gemäss Art. 17 Abs. 1 FINIG gelten erleichterte Anforderungen. Zulassung sowie Enforcement dieser (einfachen) Vermögensverwalter erfolgt durch die FINMA, während die laufende Aufsicht von einer Aufsichtsorganisation wahrgenommen wird. In extremis ist bei einem (einfachen) Vermögensverwalter eine Struktur mit nur einer Person denkbar, währenddessen bei Verwaltern von Kollektivvermögen in der Praxis typischerweise eine Substanz von mindestens vier Personen erforderlich ist.
Bewilligungsvoraussetzungen und Anforderungen an die Organisation für Verwalter von Kollektivvermögen
1. Organisation
Der Verwalter von Kollektivvermögen mit Sitz in der Schweiz muss die Rechtsform einer Handelsgesellschaft aufweisen, in der Praxis typischerweise eine Aktiengesellschaft. Gemäss Art. 9 FINIG i.V.m. Art. 37 FINIV insbesondere vorgesehen, dass die Geschäftsführung aus mindestens zwei Personen besteht und der Verwalter von Kollektivvermögen ein besonderes Organ für die Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle bestimmt. Die Mehrheit des Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft darf nicht dem Organ für die Geschäftsführung angehören, und auch Personalunion von Verwaltungsratspräsident und CEO sind aufsichtsrechtlich nicht zulässig. Weiter ist erforderlich, dass mindestens ein Drittel der Mitglieder des Verwaltungsrates unabhängig ist von den Personen, die eine qualifizierte Beteiligung am Verwalter von Kollektivvermögen und den Gesellschaften desselben Konzerns oder derselben Gruppe innehaben. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind Verwalter von Kollektivvermögen, die Teil einer von der FINMA konsolidiert beaufsichtigten Finanzgruppe sind.
2. Risikomanagement und interne Kontrolle
Verwalter von Kollektivvermögen müssen über ein angemessen ausgestattetes Risikomanagement und eine wirksame interne Kontrolle verfügen, die insbesondere die Einhaltung der rechtlichen und unternehmensinternen Vorschriften gewährleistet (Compliance) und regeln die Grundzüge des Risikomanagements und bestimmen ihre Risikotoleranz. Funktionen des Risikomanagements und der Compliance müssen funktional und hierarchisch von den operativen Geschäftseinheiten, insbesondere von der Funktion der Anlageentscheide, getrennt sein.
Der Verwaltungsrat ist für die Festlegung, Sicherstellung und Überwachung des internen Kontrollsystems (IKS) sowie Risikotoleranz verantwortlich, während die Geschäftsführung die entsprechenden Vorgaben des Verwaltungsrats umsetzt, geeignete Richtlinien, Verfahren sowie Prozesse entwickelt und eine angemessene periodische Berichterstattung an den Verwaltungsrat sicherstellt.
3. Outsourcing
Der Verwalter von Kollektivvermögen kann Aufgaben Dritten übertragen, soweit dies im Interesse einer sachgerechten Verwaltung liegt. In der Praxis werden häufig die Compliance-Funktion, aber auch Risk Management- oder IT-Tätigkeiten ausgelagert. Es dürfen ausschliesslich Personen beauftragt werden, die für die einwandfreie Ausführung der Aufgabe qualifiziert sind, zudem muss die Instruktion, Überwachung und Kontrolle der Durchführung des Auftrages sichergestellt sein. Aufsichtsrechtlich geboten ist weiter auch der Abschluss eines schriftlichen Delegationsvertrages zwischen dem delegierenden Bewilligungsträger und dem Aufgabenempfänger. Vertraglich festzulegen sind insbesondere die Weisungs- und Informationsrechte sowie die Kontrollmöglichkeiten des Bewilligungsträgers. Darüber hinaus hat der Bewilligungsträger dafür zu sorgen, dass auch seiner Prüfgesellschaft sowie der FINMA ein Einsichts- und Kontrollecht zusteht.
Auslagerungen von Funktionen unterstehen der Genehmigungspflicht durch die FINMA und müssen im Organisationsreglement aufgeführt werden.
Ablauf des Bewilligungsverfahrens
Die Vorbereitung eines Gesuchs für eine FINMA-Bewilligung als Verwalter von Kollektivvermögen nimmt typischerweise 3 bis 4 Monate in Anspruch. Insbesondere bei bisher nicht regulierten Gesellschaften darf dieser Schritt nicht unterschätzt werden. In der überwiegenden Mehrheit dieser Fälle hat eine prudentielle Beaufsichtigung der FINMA eine substantielle Änderung der internen Prozesse und Unternehmenskultur zur Folge. Bis anhin nicht formalisierte Prozesse müssen zu Papier gebracht und ein Organisationsreglement und internes Weisungswesen erstellt werden. Insbesondere verlangt FINMA auch eine detaillierte Beschreibung der Investmentprozesse, woraus genau ersichtlich ist, welche Funktion wann und in welcher Form zum Investmententscheid beiträgt.
Weiter erforderlich ist eine umfassende Stellungnahme eines Bewilligungsprüfers nach separater Wegleitung für Bestätigungen der Prüfgesellschaften zu Gesuchen betreffend Institutsbewilligungen. Eine solche Prüfung darf nicht durch die statutorische und regulatorische Prüfgesellschaft durchgeführt werden. In jedem Falle wird eine frühzeitige Einbindung des Gesuchsprüfers empfohlen.
Die materielle Prüfung des Gesuchs durch die FINMA nimmt mehrere Monate in Anspruch. Im Rahmen dieser materiellen Prüfung findet jeweils auch ein Treffen der FINMA mit Vertretern des neu zu bewilligenden Instituts statt. Eine FINMA-Verfügung betreffend Bewilligung tritt sodann in Rechtskraft, sobald die entsprechenden Auflagen wie Anpassung der Statuten, Inkraftsetzung Organisationsreglement und Weisungswesen, Unterzeichnung von bestimmten Verträgen, etc., umgesetzt worden sind.
Nächste Schritte
Nach Abklärung der Bewilligungspflicht sowie -fähigkeit eines Vermögensverwalters in der beruflichen Vorsorge ist es empfehlenswert, in einem nächsten Schritt das aktuelle Geschäftsmodell kritisch zu hinterfragen und Grundsatzentscheide zu treffen betreffend zukünftiger Organisationsstruktur und Tätigkeiten. Auch gilt es, interne Prozesse zu überarbeiten und formalisieren sowie ein schlankes, zweckmässiges Weisungswesen zu erstellen. Wichtig ist hierbei, mit Augenmass vorzugehen und die neuen Gesetzesbestimmungen so umzusetzen, dass nicht ein regulatorischer Overkill resultiert.
Das entsprechende Bewilligungsgesuch muss bis spätestens 31. Dezember 2022 bei der FINMA eingereicht werden. Unser Team hat langjährige Erfahrung mit Bewilligungsgesuchen für Vermögensverwalter von Kollektivvermögen und steht Ihnen für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung.
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