GwG-Revision: Verschärfte Sorgfaltspflichten für Finanzintermediäre per 1. Januar 2023 | Pestalozzi Attorneys at Law

GwG-Revision: Verschärfte Sorgfaltspflichten für Finanzintermediäre per 1. Januar 2023

21.09.2022

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Key takeaways

  • Mit der GwG-Revision müssen Finanzintermediäre die Identität der wirtschaftlich Berechtigten "überprüfen" statt wie bis anhin bloss "feststellen".
  • Neu wird eine Pflicht der Finanzintermediäre zur ereignisunabhängigen und periodischen Überprüfung der Kundenangaben eingeführt.
  • Der Finanzintermediär hat neu das Recht, eine gemeldete Geschäftsbeziehung abzubrechen, wenn ihm die Meldestelle nicht innert 40 Arbeitstagen mitteilt, dass die gemeldeten Informationen einer Strafverfolgungsbehörde übermittelt werden.

Einleitung

Am 19. März 2021 hat das Parlament die Revision des Geldwäschereigesetzes (GwG) verabschiedet. Damit verbessert die Schweiz ihr Abwehrdispositiv zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung, wobei aber noch immer unklar ist, ob die Revision ausreicht, um die Mängel in der letzten GAFI-Länderprüfung im Jahre 2016 zu beheben. Per 1. Januar 2022 wurde ein erster Teil des revidierten GwG in Kraft gesetzt. Der Hauptteil der Änderungen des GwG sowie die weiteren in der Revision angepassten Erlasse treten per 1. Januar 2023 in Kraft. Hier gelangen Sie zu unserem Legal Update über die Anpassungen im Bereich des Edelmetallkontrollgesetzes und der Edelmetallkontrollverordnung.

Dieses Legal Update soll eine Übersicht über die wichtigsten Änderungen im GwG geben, die per 1. Januar 2023 in Kraft treten werden. Der Fokus liegt dabei auf den Anpassungen im Bereich der Überprüfung der Identität der wirtschaftlich Berechtigten sowie der neuen Pflicht zur periodischen Prüfung und Aktualisierung der Kundendaten. Schliesslich wird auf die Änderungen im Meldewesen eingegangen.

Die wichtigsten Änderungen des GwG-Revision im Überblick

Überprüfung der Identität der wirtschaftlich Berechtigten

Unter dem heute geltenden GwG haben Finanzintermediäre die Pflicht, die wirtschaftlich berechtigte Person einschliesslich Kontrollinhaber mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt festzustellen. Neu wird zusätzlich verlangt, dass der Finanzintermediär die Identität der wirtschaftlich berechtigten Person überprüft, um sich zu vergewissern, wer die wirtschaftlich berechtigte Person ist.

Der Finanzintermediär hat daher ab Inkraftsetzung des neuen GwG eine explizite Pflicht, die Identität des wirtschaftlich Berechtigten zu überprüfen. In welcher Form und Tiefe diese Überprüfung zu erfolgen hat, bleibt indes unklar, und weder in der GwV-FINMA noch der VSB ist eine solche Präzisierung vorgesehen. Der Gesetzgeber präzisiert lediglich, dass für die Überprüfung der Identität der risikobasierte Ansatz angewendet werden soll. So soll der Finanzintermediär die Identität des wirtschaftlich Berechtigten kritisch überprüfen und mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt Massnahmen ergreifen, um sich über deren Plausibilität zu vergewissern. Daher ist anzunehmen, dass der Finanzintermediär die Identität des wirtschaftlich Berechtigten nicht beweisen muss, sondern dass seine Überprüfung "lediglich" einer Plausibilitätskontrolle standhalten soll. Eine rein formelle Überprüfung der Identität mittels Ausweiskopie des wirtschaftlich Berechtigten soll zur Pflichterfüllung allerdings nicht genügen. Vielmehr hat sich der Finanzintermediär - je nach Risikosituation im Einzelfall - auf unterschiedliche Quellen wie die eigenen Kenntnisse bezüglich des Kundenprofils, öffentliche Informationen sowie allenfalls Informationen einer externen Stelle zu stützen.

Bei natürlichen Personen im "normalen" Risikobereich sollte der Finanzintermediär insbesondere überprüfen, ob die Angaben der Vertragspartei über die wirtschaftliche Berechtigung konsistent sind mit den übrigen über diese Vertragspartei vorhandenen Informationen. Bei juristischen Personen sollten überdies gesellschaftsinterne Dokumente verlangt werden, wie beispielsweise die Kopie des Aktienbuchs und der Meldung des wirtschaftlich Berechtigten. Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Risiko bedürfen indes weiteren Abklärungen und Massnahmen durch den Finanzintermediär.

Per 1. Januar 2023 müssen neue Kundenbeziehungen daher nach den revidierten Vorgaben geprüft werden. Auf bestehende Kundenbeziehungen finden die revidierten Vorgaben erst im Rahmen einer Aktualisierung der Kundendaten Anwendung.

Aktualisierung der Kundendaten

Bisher musste der Finanzintermediär die Identifizierung der Vertragspartei oder die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten nur wiederholt vornehmen, wenn im Laufe der Geschäftsbeziehung Zweifel aufgekommen sind, und eine periodische - bei PEP jährliche - Überprüfung war nur bei Geschäftsbeziehungen mit erhöhten Risiken notwendig. Unter dem revidierten GwG wird nun die ereignisunabhängige, periodische Prüfung und Aktualisierung der Kundendaten und "Belege" sämtlicher Geschäftsbeziehungen verlangt. Der Begriff "Belege" ist weit auszulegen und umfasst alle Unterlagen, Angaben und Daten allgemein, die im Rahmen der Sorgfaltspflichten beim Erstellen des Kundenprofils erfasst werden. Naturgemäss müssen Dokumente oder Notizen zu einzelnen Transaktionen nicht überprüft und aktualisiert werden.

Die Pflicht zur Überprüfung und Aktualisierung von Kundendaten und Belegen betrifft nicht nur (bzw. nicht zwingend) die Identifikation des Vertragspartners oder die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten, sondern gilt auch für die Geschäftsbeziehung an sich. So muss der Finanzintermediär periodisch überprüfen, ob Art und Zweck der von der Vertragspartei gewünschten Geschäftsbeziehung noch aktuell sind.

Das Gesetz hält fest, dass bei der Periodizität, dem Umfang und der Art der regelmässigen Überprüfung und Aktualisierung ein risikobasierter Ansatz anzuwenden ist. Bei Geschäftsbeziehungen mit geringem Risiko müssen daher die Kundenangaben und Belege weniger häufig überprüft und aktualisiert werden als bei Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Risiko. Eine Einteilung der Vertragspartner in Risikogruppen wird daher empfohlen. Dies kann beispielsweise anhand eines KYC-Questionnaires erfolgen. Bei natürlichen Personen werden hier insbesondere Angaben zur Person sowie zur beruflichen Tätigkeit, zum jährlichen Einkommen und Vermögen eingeholt sowie Angaben zur Geschäftsbeziehung und zur Herkunft der Vermögenswerte. Bei juristischen Personen sind die KYC-Fragen abhängig von der Gesellschaftsform und vom Gesellschaftszweck. Basierend auf dem KYC-Questionnaire, allfälligen Risikokriterien für ein erhöhtes Risiko (wie beispielsweise bei Sitzgesellschaften oder bei PEP) sowie die Eckdaten der Geschäftsbeziehung (insbesondere Anzahl und Art der Dienstleistungen und Produkte) können die Kunden in Risikogruppen unterteilt werden. Grundsätzlich sollte bei allen Geschäftsbeziehungen das KYC-Questionnaire periodisch, mindestens alle sieben bis zehn Jahre, wiedervorgelegt werden. Die geringere Frequenz und auch die Art der Prüfung sollen in einer internen Weisung geregelt werden. Das revidierte Gesetz sieht keine Übergangsfrist vor, ab welchem Zeitpunkt die Überprüfungen beginnen müssen, somit ist die Pflicht mit Inkrafttreten der Gesetzesrevision bereits ab dem 1. Januar 2023 zu erfüllen. Ab diesem Zeitpunkt müssen die relevanten internen Weisungen verabschiedet, die entsprechenden Prozesse implementiert und die Mitarbeitenden entsprechend instruiert sein.

Anpassungen im Meldewesen

Eine weitere Neuerung wird im Bereich des Meldewesens erfolgen.

Zunächst wird der "begründete Verdacht", der zu einer unverzüglichen Meldepflicht an die Meldestelle führt, neu im Gesetz definiert. Demnach liegt ein begründeter Verdacht vor, wenn der Finanzintermediär einen konkreten Hinweis oder mehrere Anhaltspunkte hat, dass die in die Geschäftsbeziehung involvierten Vermögenswerte (i) im Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung nach Artikel 260ter oder 305bis StGB stehen, (ii) aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren oder (iii) der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen oder der Terrorismusfinanzierung dienen und wenn dieser Verdacht aufgrund zusätzlicher Abklärungen nicht ausgeräumt werden kann.

Weiter wird neu ein Recht des Finanzintermediärs vorgesehen, eine gemeldete Geschäftsbeziehung abzubrechen, wenn ihm die Meldestelle nach einer getätigten Meldung nicht innert 40 Arbeitstagen mitteilt, dass die gemeldeten Informationen einer Strafverfolgungsbehörde übermittelt werden. Dieses Recht gilt für Meldungen gestützt auf das Melderecht ebenso wie für Meldungen unter der Meldepflicht. Der Finanzintermediär muss bei Abbruch der Geschäftsbeziehung die Meldestelle unverzüglich informieren.

Nächste Schritte

Die Inkraftsetzung des revidierten GwG inklusive Gesetzes- und Verordnungsanpassungen ist auf den 1. Januar 2023 vorgesehen. Die Revision bringt gewisse Verschärfungen der Sorgfaltspflichten mit sich. Finanzintermediäre sollten daher ihre internen Weisungen überprüfen und spätestens per 1. Januar 2023 den revidierten Bestimmungen des GwG anpassen, damit sie ihren Sorgfaltspflichten weiterhin nachkommen. Die Anhörung zur Teilrevision der GwV-FINMA hat am 10. Mai 2022 geendet. Zudem wird die VSB 20 überarbeitet, allerdings nicht (nur) in Zusammenhang mit der GwG-Revision.

Unser Team hat langjährige Erfahrung mit juristischen Beratungen im Bereich des Geldwäschereigesetzes und steht Ihnen für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung.

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Autoren: Manu Ferro (Anwältin)

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