Emissionsabgabe: Was wissen Sie über die Schweizer "Stempelsteuer" auf Kapitaleinlagen? | Pestalozzi Attorneys at Law

Emissionsabgabe: Was wissen Sie über die Schweizer "Stempelsteuer" auf Kapitaleinlagen?

15.12.2021

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Übersicht

  • Schafft eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft mit Sitz in der Schweiz oder Liechtenstein Eigenkapital, kann dies eine Emissionsabgabe von 1% auslösen.
  • Durch eine geeignete Strukturierung ist die Eigenkapitalzuführung gegebenenfalls ohne Emissionsabgabe möglich.
  • Aktuell gibt es Pläne, die Emissionsabgabe abzuschaffen. Mit der allfälligen Abschaffung ist frühestens per April 2022 zu rechnen.

Welche Transaktionen sind Gegenstand der Emissionsabgabe?

Die Schweizer Emissionsabgabe wird erhoben auf qualifizierenden Einlagen in das Eigenkapital von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz. Diese Regelungen gelten gleichermassen für entsprechende Gesellschaften mit Sitz in Liechtenstein.

Solche Kapitaleinlagen unterliegen der Emissionsabgabe unter der Voraussetzung, dass die Einlage vom direkten Anteilsinhaber stammt. Einlagen, welche die Gesellschaft unmittelbar von indirekten Anteilsinhabern (z.B. "Grossmuttergesellschaft") erhält, unterliegen der Emissionsabgabe grundsätzlich nicht. Auch verdeckte Vorteilszuwendungen von anderen verbundenen Gesellschaften im Konzern (z.B. "Schwester-Gesellschaften"; etwa aufgrund unzureichender Verrechnungspreise) unterliegen der Emissionsabgabe grundsätzlich nicht.

Kapitaleinlagen in Schweizer Gesellschaften können nicht nur gegen Ausgabe von Beteiligungsrechten erfolgen. Das Schweizer Gesellschaftsrecht ermöglicht es den Anteilsinhabern auch, Mittel direkt in die Reserven der Gesellschaft einzulegen, ohne dass dafür Beteiligungsrechte ausgegeben werden. Die Schweizer Emissionsabgabe wird auch in solchen Fällen erhoben, also unabhängig davon, ob die Gesellschaft im Gegenzug Beteiligungsrechte ausgibt.

Auch die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital (z.B. durch Forderungsverzichte oder Forderungszuschüsse) kann der Emissionsabgabe unterliegen.

Die Schweizer Emissionsabgabe wird unabhängig davon erhoben, ob die Eigenkapitaleinlage in Form einer Bareinlage oder einer Sacheinlage erfolgt.

Andere Finanzierungsinstrumente als Eigenkapitaleinlagen unterliegen der Emissionsabgabe nicht. Insbesondere wird die Emissionsabgabe nicht erhoben auf der Gewährung von Fremdkapital. Die massgebende Abgrenzung erfolgt formell, im Unterschied zu einer wirtschaftlichen Betrachtung. So sind unterliegen langfristig gewährte zinslose Darlehen der Emissionsabgabe nicht. Wandelschuldinstrumente lösen die Emissionsabgabe nur insoweit aus, als eine Wandelung tatsächlich erfolgt.

Unter gewissen Voraussetzungen kann zivilrechtliches Fremdkapital für Zwecke der Schweizer Gewinn-, Kapital-, und Dividendenquellensteuern als sog. "verdecktes" Eigenkapital qualifiziert werden (siehe dazu Tax Update vom 15. Juli 2019). Verdecktes Eigenkapital unterliegt allerdings nicht der Emissionsabgabe.

Ein Spezialfall, der die Emissionsabgabe auslöst, ist der sogenannte "Mantelhandel". Unter einem Mantelhandel versteht man die Übertragung der Mehrheit der Beteiligungsrechte an einer Gesellschaft, die wirtschaftlich bereits liquidiert oder in liquide Form gebracht worden ist.

Wie hoch ist die Steuer und wie wird sie berechnet?

Die Grundregel lautet: Die Emissionsabgabe beträgt 1% vom Verkehrswert der Kapitaleinlage. Sofern die Einlage gegen Ausgabe von Beteiligungsrechten erfolgt, können die Emissionsabgabe selbst sowie die Beurkundungs- und Handelsregistergebühren von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden.

Beim Spezialtatbestand des Mantelhandels beträgt die Emissionsabgabe 1% auf dem Reinvermögen, das sich im Zeitpunkt der Anteilsübertragung in der Gesellschaft befindet, mindestens aber 1% auf dem Nennwert aller bestehenden Beteiligungsrechte.

Wann, wie und durch wen ist die Emissionsabgabe zu deklarieren und zu entrichten?

Schuldner der Emissionsabgabe ist die Gesellschaft, welche die Kapitaleinlage erhält. Die Gesellschaft ist auch für die Deklaration und Entrichtung der Emissionsabgabe verantwortlich. Der Anteilsinhaber schuldet die Emissionsabgabe nicht und ist auch nicht dafür haftbar.

Die Deklarations- und Zahlungsfrist für die Emissionsabgabe beträgt grundsätzlich 30 Tage nach Ablauf des Quartals, in dem das Eigenkapital geschaffen bzw. im Handelsregister eingetragen worden ist. Dies ist somit bei der Liquiditätsplanung zu berücksichtigen, insbesondere bei Sacheinlagen.

Welche Ausnahmen gibt es?

Das Gesetz sieht diverse Ausnahmen von der Emissionsabgabe vor, wichtige davon sind:

  • Freibetrag von insgesamt CHF 1 Million bei Gesellschaftsgründungen und Kapitalerhöhungen, jeweils sofern mit der Kapitaleinlage statutarisches Kapital geschaffen wird (das Verhältnis Nennwert / Agio ist aber unerheblich).
  • Steuerausnahme für Transaktionen, die für Steuerzwecke qualifizierte Umstrukturierungen bilden.
  • Einlagen von Beteiligungen von mindestens 10% zwischen juristischen Personen. Bei natürlichen Personen bedingt die emissionsabgabefreie Einlage von Beteiligungen allerdings eine sog. Quasifusion; dies erfordert unter anderem die Ausgabe zusätzlicher Beteiligungsrechte durch die empfangende Gesellschaft.
  • Freibetrag von insgesamt CHF 10 Mio. für Sanierungsmassnahmen (siehe dazu unser Tax Update von 22. März 2020).
  • Möglichkeit zur Stellung eines Gesuchs um Erlass der Emissionsabgabe bei sog. Härtefällen. Dies ist insbesondere bei Sanierungsleistungen relevant, wenn diese den Freibetrag von CHF 10 Mio. übersteigen.

Sind bei der Emissionsabgabe Gesetzänderungen geplant?

Eine aktuell bevorstehende Änderung des Schweizer Gesellschaftsrechts sieht vor, dass dem Verwaltungsrat von Aktiengesellschaften die Möglichkeit gegeben werden kann, das Kapital innerhalb einer Bandbreite (dem Kapitalband) während eines Zeitraums von bis zu fünf Jahren ohne Generalversammlungsbeschluss zu verändern (siehe dazu unser Legal Update von 2. März 2021). Hier soll die Emissionsabgabe nur auf einem qualifizierenden Betrag von netto zusätzlich geschaffenem Eigenkapital erhoben werden.

Der Schweizer Gesetzgeber hat im Sommer 2021 die vollständige Abschaffung der Emissionsabgabe beschlossen. Allerdings ist dies politisch umstritten und muss noch in einer Volksabstimmung (geplant für den 13. Februar 2022) bestätigt werden. Eine allfällige Abschaffung der Emissionsabgabe kann daher frühestens per 1. April 2022 erfolgen.

Besteht Handlungsbedarf?

Wenn immer eine schweizerische oder liechtensteinische Gesellschaft Eigenkapital schafft, ist zu prüfen, ob die Emissionsabgabe anfällt. Dabei ist stets zu prüfen, ob die Transaktion in einer Weise strukturiert werden kann, dass die Transaktion keine Emissionsabgabe ausgelöst oder in den Anwendungsbereich einer Steuerausnahme fällt.

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Keine Rechts- oder Steuerberatung

Dieses Legal Update gibt einen allgemeinen Überblick über die Rechtslage in der Schweiz und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Falls Sie Fragen zu diesem Legal Update haben oder Rechtsberatung hinsichtlich Ihrer Situation benötigen, wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Pestalozzi Rechtsanwälte AG oder an eine der in diesem Legal Update erwähnten Kontaktpersonen.

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