Aktienrechtsrevision: Aktienkapital (Teil 1) - Fremdwährungen | Pestalozzi Attorneys at Law

Aktienrechtsrevision: Aktienkapital (Teil 1) - Fremdwährungen

Legal Update-Reihe zur Aktienrechtsrevision

22.02.2021

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Dieses Legal Update ist Teil einer Reihe, mit welcher die für Praktiker relevanten Änderungen zum Aktienrecht in kondensierter Form dargestellt werden. Bereits publizierte Legal Updates finden Sie auf unserer Website unter Aktienrechtsrevision 2020. Neue Legal Updates zum Thema Aktienrechtsreform werden regelmässig an unsere Newsletter-Subscriber verschickt und auf unserer Website publiziert.

Übersicht

Mit dem neuen Aktienrecht erhalten die Schweizer Kapitalgesellschaften mehr Flexibilität hinsichtlich ihrer Kapitalstruktur. Dies unter anderem durch folgende Neuerungen:

  • Das Aktienkapital kann auch in einer Fremdwährung lauten.
  • Der Nennwert einer Aktie muss grösser als null sein.
  • Börsenkotierte Aktiengesellschaften haben in Bezug auf die Höhe des Partizipationskapitals mehr Spielraum.
  • Bewährte Praxis wird kodifiziert, so beispielsweise hinsichtlich der Voraussetzungen zur Liberierung des Aktienkapitals mittels Sacheinlage und Forderungsverrechnung und der Zulässigkeit der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital (Debt to Equity Swaps) in Sanierungssituationen.
  • Die Bestimmungen über die (beabsichtigte) Sachübernahme werden aufgehoben.

Weitere Flexibilisierungen werden beispielsweise durch Anpassungen bei den Regelungen zu Kapitalveränderungen (Erhöhungen, Herabsetzungen), das neue Instrument eines Kapitalbandes oder mit der Zulässigkeit von Interimsdividenden erreicht. Diese und weitere Neuerungen im zukünftigen Aktienrecht finden Sie in unserer Legal Update Reihe zur Aktienrechtsrevision.

Einleitung

Das Parlament hat am 19. Juni 2020 die Reform des Schweizerischen Aktienrechts verabschiedet. Damit treten auch wichtige Neuerungen betreffend das Aktienkapital in Kraft, die neben der Aktiengesellschaft auch für die GmbH von Relevanz sind (mit Ausnahme der Neuerungen zum Partizipationskapital, das nur für Aktiengesellschaften vorgesehen ist). Das Inkrafttreten der gesamten Revision ist gemäss gegenwärtiger Einschätzung des Bundesamtes für Justiz erst im Jahr 2023 zu erwarten.

Neue Flexibilität unter Wahrung der bestehenden Grundprinzipien

Mit den Neuerungen wird am aktienrechtlichen Grundprinzip eines festen und nur in formellen Verfahren abänderbaren Grundkapitals festgehalten, doch gewinnen die Aktiengesellschaft und die GmbH mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung und Veränderung ihrer Kapitalstruktur. Dies insbesondere durch die nachfolgend aufgezeigten Möglichkeiten von beliebig tiefen Aktiennennwerten, der Denominierung des Aktien- oder Stammkapitals in einer (funktionalen) Fremdwährung, einem bei börsenkotierten Aktiengesellschaften erhöhten Anteil des Partizipationskapitals am Gesamtkapital der Gesellschaft sowie dem Wegfall gewisser Kapitalschutzvorschriften im Rahmen von Gründungen und Kapitalerhöhungen.

Zusammen mit weiteren (in nachfolgenden Legal Updates dargestellten) Neuerungen der Aktienkapitalvorschriften, wie beispielsweise den Anpassungen bei den Regelungen zu Kapitalveränderungen, der Einführung des Kapitalbands oder der Zulässigkeit von Interimsdividenden, sowie auch den weiteren Flexibilisierungen, die das neue Recht bei der Organisation von Generalversammlungen vorsieht, sind die Neuerungen positiv zu würdigen. Hinsichtlich der bereits per Anfang 2021 in Kraft getretenen neuen Regelungen betreffend Geschlechterrichtwerte, Transparenzregeln im Rohstoffsektor und Handelsregisterverordnung verweisen wir auf unser erstes Legal Update in dieser Reihe zur Aktienrechtsrevision.

Aktienkapital in Fremdwährung

Das geltende Rechnungslegungsrecht erlaubt, die Rechnungslegung und Buchhaltung einer Gesellschaft in einer ausländischen Währung zu führen, soweit diese für die Geschäftstätigkeit wesentlich (funktional) ist. Den Standards zur Rechnungslegung folgend versteht man unter einer funktionalen Währung die Währung des primären wirtschaftlichen Umfelds des Unternehmens, d.h. die Währung der wesentlichen Geldflüsse der Gesellschaft.

Anders als im Rechnungswesen muss im geltenden Recht das Aktienkapital zwingend in Franken lauten. Somit sind bisher auch sämtliche kapitalbezogenen Aspekte, wie beispielsweise die Höhe der zur Ausschüttung von Dividenden verfügbaren Mittel oder die für das Vorliegen einer Überschuldung relevanten Bilanzpositionen, in Franken umzurechnen. Diese Inkohärenz zwischen dem Rechnungslegungsrecht und aktienrechtlicher Vorgaben hebt die Aktienrechtsrevision nun auf.

Neu kann das Aktienkapital einer Gesellschaft auch auf eine ausländische Währung lauten, wenn die folgenden vier Voraussetzungen gemäss Art. 621 Abs. 2 nOR erfüllt sind:

  1. die ausländische Währung muss für die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft wesentlich sein (Funktionalität der Währung);
  2. das Aktienkapital in fremder Währung muss zum Zeitpunkt der Gründung bzw. bei bereits be-stehenden Gesellschaften zum Zeitpunkt der Feststellung des Verwaltungsrates, dass die Vo-raussetzungen von Art. 621 Abs. 2 nOR erfüllt sind, einem Gegenwert von mindestens 100'000 Schweizer Franken entsprechen;
  3. die Buchführung und die Rechnungslegung müssen in derselben Währung erfolgen; und
  4. die gewählte Währung muss vom Bundesrat als geeignet qualifiziert worden sein.

Während der Bundesrat die Eignung der Währungen in der Handelsregisterverordnung nach objektiven Kriterien (z.B. Währungsstabilität) festlegen wird, muss die Gesellschaft bei der Festlegung ihrer funktionalen Währung subjektive, auf ihre spezifischen Umstände bezogene Beurteilung, die analog zum Rechnungslegungsrecht grundsätzlich im Ermessen des Verwaltungsrates liegt, abstellen. Der Bundesrat hat am 17. Februar 2021 die Vernehmlassung für die Ausführungsbestimmungen eröffnet, welche bis am 24. Mai 2021 dauert. Im Entwurf der revidierten Handelsregisterverordnung hat der Bundesrat in Anhang 3 die fünf am meisten gehandelten Währungen der Welt, nämlich Schweizer Franken, US-Dollar, Euro, Britisches Pfund und Japanische Yen, als zulässige Fremdwährungen gewählt. Ob eine bestehende Gesellschaft nach Inkrafttreten des neuen Rechts ihr Kapital in der funktionalen Währung führt, muss die Generalversammlung mit qualifiziertem Mehr entscheiden.

Ein solcher Wechsel wird vor allem dann Sinn machen, wenn die Rechnungslegung der Gesellschaft bereits in der funktionalen Fremdwährung erfolgt. Wird ein Wechsel der Währung von der Generalversammlung beschlossen, so hat der Verwaltungsrat die Statuten zu ändern und die Einhaltung der obengenannten Voraussetzungen in der öffentlichen Urkunde zu bestätigen. In dieser öffentlichen Urkunde muss auch der angewandte Umrechnungskurs erwähnt werden. Auch bei der GmbH besteht die Option, das Stammkapital in der funktionalen Währung zu führen. Dabei müssen die gleichen Voraussetzungen wie bei der Aktiengesellschaft erfüllt sein.

Nennwert grösser Null

Der Mindestnennwert von Aktien und Stammanteilen muss nicht mehr mindestens 1 Rappen betragen. Der Nennwert muss lediglich grösser als Null sein. Das grundlegende Prinzip eines festen Aktien- oder Stammanteilnennwerts im Schweizer Recht wird somit beibehalten, doch im Ergebnis werden wie bei nennwertlosen Aktien beliebige Aktien- oder Stammanteilsteilungen (Splits) ermöglicht, was zu mehr Flexibilität führt. Mit der Neuregelung des Nennwertsystems wird sichergestellt, dass die Gesellschaften bei der Gestaltung ihrer Eigenkapitalstruktur grösstmöglichen Spielraum haben. Diese Flexibilität ist besonders bei börsenkotierten Gesellschaften mit einem hohen Unternehmenswert von Vorteil.

Erhöhte Rechtssicherheit bei der Liberierung des Kapitals

Die Leistung der Einlagen der Aktionäre zur Liberierung des Aktienkapitals der Gesellschaft kann entweder in Bargeld (Barliberierung), durch sonstige Vermögensgegenstände (Sacheinlage) oder durch Verrechnung einer bestehenden Forderung des Gründers bzw. des (zukünftigen) Aktionärs gegen die Gesellschaft erfolgen (Verrechnungsliberierung). Gleiches gilt bei der GmbH.

Anders als bei der Barliberierung stellt sich bei der Liberierung mittels Sacheinlage bzw. Verrechnung die Frage nach dem Wert. Entspricht der Wert der Sache bzw. der Verrechnungsforderung nicht dem Liberierungsbetrag, ist die Liberierungspflicht nicht erfüllt. Das geltende Recht sieht daher bei Sacheinlagen und Verrechnungstatbeständen erhöhte, jedoch teilweise unterschiedliche Voraussetzungen vor. So erfordert im Fall der Kapitalerhöhung gegenwärtig nur die Kapitalerhöhung mittels Sacheinlage nebst einem qualifizierten Mehr auch die Statuten- und Registerpublizität, was neu auch bei der Verrechnungsliberierung gilt.

Bei der Sacheinlage werden die bereits heute in der Praxis angewendeten Kriterien der Sacheinlagefähigkeit in das neue Recht überführt. Damit Vermögenswerte in eine Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht werden können, müssen die Vermögenswerte sowohl bilanzierungsfähig, frei übertragbar, frei verfügbar sowie verwertbar sein. Der Gegenstand, dessen Bewertung und der Name des Einlegers, die dafür ausgegebenen Aktien sowie allfällige weitere Gegenleistungen der Gesellschaft müssen wie bisher in den Statuten angegeben werden. Diese Vorschriften sind nicht nur bei Gründung der Gesellschaft, sondern auch bei Kapitalerhöhungen anwendbar.

Erleichterung bringen die neuen Sacheinlagebestimmungen insbesondere in Bezug auf Grundstücke. Neu gilt, dass bei Grundstücken, welche in verschiedenen Kantonen liegen, nur eine einzige öffentliche Urkunde, welche am Sitz der Gesellschaft errichtet wird, genügt. Damit folgt das Gesellschaftsrecht in dieser Hinsicht der heutigen Regelung der Übertragung von Grundstücken unter dem Fusionsgesetz.

In Bezug auf die Verrechnungsliberierung wird explizit festgehalten, dass bei einer Kapitalerhöhung die Verrechnung der Liberierungsschuld mit einer Forderung auch dann als in Einklang mit den Kapitalschutzbestimmungen gilt, wenn die Forderung nicht vollständig durch Aktiven der Gesellschaft gedeckt, und somit nicht werthaltig ist. Dies ist insbesondere in Sanierungssituationen wichtig, da bisher die Rechtmässigkeit von sogenannten Debt to Equity Swaps im Zuge von Unternehmenssanierungen mit Unsicherheiten behaftet waren. Weiterhin nicht zulässig ist die Liberierung mit bestrittenen Forderungen.

Aufhebung der Vorschriften über die (beabsichtigte) Sachübernahme

Bei einer Sachübernahme beabsichtigt oder verpflichtet sich die Gesellschaft, nach der Gründung oder Kapitalerhöhung Vermögenswerte entgeltlich zu übernehmen. Erfolgt die (beabsichtigte) Sachübernahme von Aktionären oder diesen nahestehenden Personen, so sieht das geltende Recht besondere Beschlusserfordernisse (qualifiziertes Mehr) und weitgehende Offenlegungspflichten vor. Die Sachübernahmevorschriften sind allerdings sehr auslegungsbedürftig. So ist beispielsweise unklar, wann ein Geschäft effektiv als Sachübernahme qualifiziert. Diese Unsicherheiten kombiniert mit der drohenden Nichtigkeitsfolge im Falle der Verletzung der Vorschriften führt zu Rechtunsicherheit. Die Sachübernahmevorschriften werden deshalb mit der Aktienrechtsrevision abgeschafft, da die bestehenden Kapitalschutzregelungen den Kapitalschutz ausreichend sicherstellen.

Allerdings bleiben bei Sachübernahmen noch insoweit Transparenzvorschriften erhalten, als die Sachübernahme im Zusammenhang mit einer Sacheinlage als "gemischte Sacheinlage und Sachübernahme" erfolgt. In dieser Konstellation legt der Aktionär eine Sache ein, deren anzurechnender Wert die Einlagepflicht übersteigt, und für welche die Gesellschaft dem Aktionär neben den liberierten Aktien eine weitere, zusätzliche Gegenleistung gewährt. In diesem Fall besteht über die Sachübernahmekomponente, bzw. die Gegenleistung, die nicht aus den liberierten Aktien besteht, weiterhin eine Statuten- und Registerpublizität im Rahmen der Sacheinlagevorschriften. Am Institut der gemischten Sacheinlage und Sachübernahme ändert sich durch die Revision nichts.

Mehr Spielraum bezüglich Partizipationskapital

Neu ist bei börsenkotierten Gesellschaften ein Partizipationskapital bis zum Zehnfachen des Aktienkapitals zulässig. Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften gilt die bisherige Regelung weiter, wonach das Partizipationskapital das Doppelte des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals nicht übersteigen darf. Hintergrund dieser unterschiedlichen Regelung des Partizipationskapitals sind die bei Partizipanten fehlenden Mitwirkungsrechte, die bei börsenkotierten Gesellschaften weniger ins Gewicht fallen, da die Partizipationsscheine an der Börse jederzeit veräussert werden können.

Weiter statuiert das neue Recht eine Trennung von Aktionären und Partizipanten für die Berechnung der Schwellenwerte für die Beantragung der Einleitung einer Sonderuntersuchung (bisher Sonderprüfung), die Auflösungsklage und die Grenzwertberechnung bei der Meldepflicht bezüglich wirtschaftlicher Berechtigung. Damit wird z.B. sichergestellt, dass Aktionäre, die mindestens 10%, bzw. bei börsenkotierten Gesellschaften 5%, des Aktienkapitals oder der Stimmen halten, eine Sonderuntersuchung einleiten können, auch wenn das Aktienkapital kleiner als das Partizipationskapital ist. Umgekehrt können sich Aktionäre und Partizipanten zur Erreichung des für die Durchführung einer Sonderuntersuchung benötigten Quorums nicht mehr zusammenschliessen.

Inkrafttreten und Handlungsbedarf

Nach Inkrafttreten der Aktienrechtsrevision, welche nach heutigem Kenntnisstand im Jahr 2023 vorgesehen ist, besteht eine Übergangsfrist von zwei Jahren zur Anpassung der Statuten und Reglemente der Gesellschaft. Nach Ablauf dieser Frist treten nicht mit dem neuen Recht vereinbare Statutenbestimmungen automatisch ausser Kraft. Die obenstehend beschriebenen Änderungen führen somit nicht dazu, dass bestehende Statuten zwingend angepasst werden müssen. Doch sollten sich Verwaltungsräte, Führungskräfte und Rechtsdienste mit den Neuerungen auseinandersetzen, um einzuschätzen, ob sie von den diversen Neuerungen und Erleichterungen Gebrauch machen und/oder diese den Aktionären der Gesellschaft empfehlen wollen. Die Übergangsfrist belässt Zeit, doch ist beispielsweise die Umwandlung des in Schweizer Franken denominierten Aktienkapitals in eine funktionale Währung vorausschauend zu planen, da eine solche Änderung u.U. mit weiteren Anpassungen (z.B. im Rechnungswesen der Gesellschaft), verbunden ist.

Autoren: Beat Schwarz (Partner), Severin Roelli (Partner), Franz Schubiger (Partner), Mercedes Chiabotti (Associate) und Fabienne Früh (Junior Associate)

Aktualisierte Version vom 22. Februar 2021

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Keine Rechts- oder Steuerberatung

Dieses Legal Update gibt einen allgemeinen Überblick über die Rechtslage in der Schweiz und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Falls Sie Fragen zu diesem Legal Update haben oder Rechtsberatung hinsichtlich Ihrer Situation benötigen, wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Pestalozzi Rechtsanwälte AG oder an eine der in diesem Legal Update erwähnten Kontaktpersonen.

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