Neues FINMA-Rundschreiben 2025/2 zu den Verhaltenspflichten unter dem FIDLEG/FIDLEV | Pestalozzi Attorneys at Law

Neues FINMA-Rundschreiben 2025/2 zu den Verhaltenspflichten unter dem FIDLEG/FIDLEV

Key takeaways

  • Per 1. Januar 2025 tritt das neue FINMARundschreiben 2025/2 zu den Verhaltensregeln nach FIDLEG/FIDLEV in Kraft.
  • Das neue Rundschreiben Verhaltenspflichten soll die Auslegung und Praxis der FINMA bei der Umsetzung der Verhaltenspflichten gemäss FIDLEG und FIDLEV widerspiegeln.
  • Der Entwurf des Rundschreibens sieht insbesondere Offenlegungsvorschriften über die Art der Finanzinstrumente und Finanzdienstleistungen, die Offenlegung von Interessenkonflikten sowie Mindestanforderungen an die Angemessenheits- und Eignungsprüfung vor.

Einführung

Am 15. Mai 2024 veröffentlichte die FINMA den Entwurf eines neuen Rundschreibens zu den Verhaltenspflichten nach dem Finanzdienstleistungsgesetz ("FIDLEG") und der dazugehörigen Verordnung ("FIDLEV"). Die öffentliche Anhörung dauerte bis am 15. Juli 2024. Das neue Rundschreiben stellt die Verwaltungspraxis dar und gibt nur punktuell Hinweise auf die konkrete Umsetzung der Verhaltenspflichten unter FIDLEG und FIDLEV. Das neue Rundschreiben 2025/2 Verhaltenspflichten nach FIDLEG/FIDLEV wird per 1. Januar 2025 in Kraft treten.

Zusammenfassung und Adressatenkreis

Das Rundschreiben Verhaltenspflichten nach FIDLEG/FIDLEV konkretisiert gewisse Anforderungen an die Umsetzung der Verhaltensregeln des FIDLEG. Es enthält nicht nur Erläuterungen zu den Verhaltensregeln (Art. 7-20 FIDLEG), sondern adressiert ebenfalls auch einige allgemeine Definitionen (Art. 3 FIDLEG), die organisatorischen Anforderungen an die Finanzdienstleister (Art. 21-27 FIDLEG) sowie Richtlinien zur Kundensegmentierung (Art. 4 und 5 FIDLEG).

Das Rundschreiben klärt insbesondere die erwartete Umsetzung der Verhaltenspflichten in den folgenden Bereichen:

  • Allgemeine Informationspflichten über die Art der Finanzinstrumente und Dienstleistungen und die damit verbundenen Risiken
  • Angemessenheits- und Eignungsprüfung
  • Verwendung von Finanzinstrumenten von Kundinnen und Kunden / Securities Lending
  • Interessenkonflikte
  • Entschädigungen durch Dritte (Retrozessionen)

Das Rundschreiben richtet sich an von der FINMA oder einer Aufsichtsorganisation beaufsichtigte Finanzdienstleister im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Bst. a FIDLEG.

Allgemeine Informationspflichten

Gemäss den Erläuterungen anerkennt die FINMA, dass zivilrechtliche Verträge auch in mündlicher Form gültig zustandekommen und dass auch Beratungsverträge mündlich oder konkludent abgeschlossen werden können. Finanzdienstleister unterliegen jedoch bestimmten Informationspflichten und müssen unter anderem über die persönlich empfohlene Finanzdienstleistung und die damit verbundenen Risiken und Kosten aufklären. So müssen Finanzdienstleister dokumentieren, ob die Anlageberatunsdienstleistung transaktions- oder portfoliobezogen ist. Das Rundschreiben Verhaltenspflichten nach FIDLEG/FIDLEV schreibt vor, dass die Dokumentation in einer Form zu erfolgen hat, die einen Nachweis in Textform ermöglicht, was auch in einer dokumentierten Erklärung zum Zeitpunkt der Leistungserbringung bestehen kann.

Weiter sieht das Rundschreiben Verhaltenspflichten nach FIDLEG/FIDLEV eine Liste von besonderen Informationen vor, die den Kunden im Rahmen der Risikoaufklärung von Differenzkontrakten zur Verfügung zu stellen sind. Dazu gehören unter anderem allfällige Nachschusspflichten, ein potenziell unbegrenztes Verlustrisiko oder ein allfälliger Hebel-Effekt. Für die Information der Kunden über die mit den Finanzdienstleistungen verbundenen Risiken gibt die FINMA Indikatoren für marktunübliche Risikokonzentrationen vor (Konzentrationen von 10 % oder mehr in einzelnen Effekten oder Konzentrationen von 20% oder mehr in einzelnen Emittenten).

Angemessenheits- und Eignungsprüfung

Das Rundschreiben Verhaltenspflichten nach FIDLEG/FIDLEV soll klarstellen, welche Art von Informationen Finanzdienstleister sammeln müssen, um die Angemessenheits- und Eignungsbeurteilung effektiv durchführen zu können. Zu dem im Entwurf des Rundschreibens enthaltenen Abschnitt über die Beurteilung der Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden sind verschiedene Stellungnahmen eingegangen. Im definitiven Rundschreiben Verhaltenspflichten nach FIDLEG/FIDLEV hat die FINMA gestützt darauf die Unterschiede zwischen Vermögensverwaltung, portfoliobezogener Anlageberatung und transaktionsbezogener Anlageberatung berücksichtigt.

Finanzdienstleister sind verpflichtet, sich nach den Kenntnissen und Erfahrungen des Kunden mit jeder angebotenen Anlagekategorie zu erkundigen. Bei der Vermögensverwaltung und der portfoliobezogenen Anlageberatung sollten dabei die Merkmale der Anlagestrategie und die Art der verwendeten Finanzinstrumente berücksichtigt werden. Der Detaillierungsgrad sollte der Komplexität und dem Risikoniveau der Anlagen und Strategien entsprechen. Hierbei sei erwähnt, dass die Bewertung der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden generell nur für Privatkunden erforderlich ist. Für professionelle Kunden ist nur eine eingeschränkte Eignungsprüfung und keine Angemessenheitsprüfung erforderlich.

Einsatz von Finanzinstrumenten von Kunden / Wertpapierleihe

Gemäss Art. 19 FIDLEG dürfen Finanzdienstleister nur dann Finanzinstrumente aus dem Bestand von Kunden als Gegenpartei ausleihen oder als Vermittler für solche Geschäfte auftreten, wenn die Kunden in einer von den AGB getrennten Vereinbarung schriftlich oder in einer anderen durch Text nachweisbaren Form ihre vorherige und ausdrückliche Zustimmung erteilt haben. Das Rundschreiben konkretisiert, dass den Kunden gewisse Mindestangaben zur Verfügung gestellt und im Rahmen der Risikoaufklärung dokumentiert werden müssen, damit eine solche Zustimmung gültig ist. Solche Informationen umfassen:

  • ob der Finanzdienstleister als Gegenpartei (Auftraggeber) oder lediglich als Vermittler handelt;
  • dass das Eigentum an den Finanzinstrumenten auf die Gegenpartei übergeht und nur noch ein Anspruch auf Ersatz derselben Art und Menge besteht;
  • dass im Falle des Konkurses der Gegenpartei oder gegebenenfalls eines Garanten nur eine nicht privilegierte Geldforderung in entsprechender Höhe besteht;
  • dass das Vermögens- und Mitwirkungsrechte auf den Geschäftspartner übertragen werden;
  • dass das Risiko einer Wertminderung der Finanzinstrumente beim Kunden verbleibt;
  • dass der Kunde die Vereinbarung über die Nutzung von Finanzinstrumenten mit sofortiger Wirkung kündigen kann oder, wenn im Einzelfall ausdrücklich eine feste Laufzeit vereinbart wurde, dass die Verwendung erst mit deren Ablauf endet; und
  • dass der Kunde die Möglichkeit hat, bestimmte Finanzinstrumente von der Wertpapierleihe (Securities Lending) auszuschliessen

Interessenkonflikte

Die FINMA geht in ihren Richtlinien zum Umgang mit Interessenkonflikten davon aus, dass sich Interessenkonflikte beim Einsatz eigener Finanzinstrumente kaum vermeiden lassen. Lassen sich die Interessenkonflikte nicht vollständig vermeiden, soll der Finanzdienstleister über die damit verbundenen Risiken informieren. Zu diesen Informationen gehört auch die Angabe, ob das bei der Auswahl der Finanzinstrumente berücksichtigte Marktangebot nur eigene, eigene und fremde oder nur fremde Finanzinstrumente umfasst. Eigene Finanzinstrumente dürfen nicht durch besondere Anreize bei der Vergütung der im Rahmen dieser Finanzdienstleistungen beschäftigten Personen begünstigt werden.

Entschädigungen durch Dritte (Retrozessionen)

Die Informationen über die Entschädigung in den Formularverträgen müssen visuell hervorgehoben werden und dem Kunden physisch zur Verfügung stehen oder für den Kunden auf elektronischem Wege leicht und auffindbar sein. Auf Anfrage müssen die konkreten Beträge kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Vor der Erbringung der Finanzdienstleistung bzw. vor Vertragsabschluss informiert der Finanzdienstleister den Kunden zumindest über die Bandbreite der Entschädigung. Bei der Vermögensverwaltung und der portfoliobezogenen Anlageberatung sind auch der Portfoliowert und die vereinbarte Anlagestrategie zu berücksichtigen.

Verzicht auf Corporate Finance und Mergers & Acquisitions (M&A) Ausnahme

Im Entwurf des Rundschreibens war noch vorgesehen, das Dienstleistungen im Rahmen von Corporate Finance, Mergers & Acquisitions (M&A) sowie Übernahme der Emission und/oder Platzierung von Finanzinstrumenten dann nicht als Finanzdienstleistung gelten sollen, wenn die Kundinnen und Kunden die Dienstleistung primär zu industriellen, strategischen oder unternehmerischen Zwecken und nicht zu Anlage- oder Absicherungszwecken in Anspruch nehmen.

Der Vorschlag stiess in der Anhörung auf Kritik, wobei insbesondere moniert wurde, dass Investoren häufig mehrere Zwecke verfolgen würden und die Abgrenzung anhand des Anlagezwecks daher zu Unsicherheiten führen würde. Der Vorschlag wurde daher nicht in das FINMA-Rundschreiben 2025/2 aufgenommen.

Nächste Schritte

Das neue Rundschreiben wird die Aufsichtspraxis der FINMA widerspiegeln und dient auch als Orientierungshilfe für die Auslegung der FIDLEG-Verhaltensregeln. Finanzinstitute und Finanzdienstleister, die dem FIDLEG unterstellt sind, sollten ihre internen Richtlinien überprüfen, um sicherzustellen, dass ihre Prozesse und internen Richtlinien die erwartete Umsetzung der Verhaltensregeln gemäss dem neuen Rundschreiben entsprechen.

Unser Team verfügt über langjährige Erfahrung in der Umsetzung von finanzmarktrechtlichen Verhaltenspflichten und der FINMA Praxis. Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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Autoren: Andrea Huber (Partner), Niku Gholamalizadeh (Associate)

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