Limited Qualified Investor Fund (L-QIF) | Pestalozzi Attorneys at Law

Limited Qualified Investor Fund (L-QIF)

26.01.2022

PDF herunterladen

Das Kollektivanlagengesetz wird mit einem neuen Fondstyp ergänzt, dem Limited Qualified Investor Fund (L-QIF)

Die Gesetzesvorlage zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes ("KAG"), die die Schaffung eines neuen Fondstyps vorsieht, der keiner Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde FINMA bedarf, wurde sowohl vom Nationalrat als auch vom Ständerat in den jeweiligen Schlussabstimmungen angenommen. Für qualifizierte Anleger wird damit die rechtliche Grundlage für alternative und innovative Schweizer Fondsprodukte geschaffen. Sofern erwartungsgemäss kein Referendum gegen die Gesetzesvorlage ergriffen wird, könnten die Bestimmungen auf den 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt werden.

Hintergrund

Gemäss dem KAG bedürfen heute sämtliche schweizerische kollektive Kapitalanlagen, d.h. der vertragliche Anlagefonds, die Investmentgesellschaft mit variablem Kapital ("SICAV"), die Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen ("KmGK") und die Investmentgesellschaft mit fixem Kapital ("SICAF") einer Genehmigung durch die FINMA. Die Erlangung der Genehmigung für alternative und innovative Fonds verursachte in der Schweiz bislang einen hohen Zeit- und Kostenaufwand. Im Gegensatz zu schweizerischen Fonds für qualifizierte Anleger unterliegen ausländische kollektive Kapitalanlagen keiner Genehmigungspflicht der FINMA. Viele Investoren weichen daher auf ausländische Investitionsmöglichkeiten aus. Schweizer Fondsanbieter arbeiten vielfach mit dem RAIF (Reserved Alternative Investment Fund) aus Luxemburg, der aufgrund des fehlenden Genehmigungserfordernisses kurzfristig und kostengünstig lanciert werden kann.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz als Produktstandort für Fonds zu stärken, wurde nun eine neue Fondkategorie geschaffen, die keiner Bewilligung bedarf. Der Anlegerschutz soll erhalten bleiben, während die Attraktivität Schweizer Fondsprodukte durch transparente und liberale Anlagevorschriften erhöht wird, wodurch letztlich ein grösserer Teil der Wertschöpfungskette in der Schweiz verbleibt.

Kernpunkte des neuen L-QIF

Gemäss gesetzlicher Definition (Art. 118a E-KAG) ist der neue L-QIF eine kollektive Kapitalanlage, die ausschliesslich qualifizierten Anlegerinnen und Anlegern offensteht. Als qualifizierte Anleger in diesem Sinne gelten professionelle Kunden nach Art. 4 Abs. 3–5 oder nach Art. 5 Abs. 1 und 4 des Finanzdienstleistungsgesetzes ("FIDLEG"). Dazu zählen neben Pensionskassen oder Versicherungsgesellschaften auch vermögende Privatkunden und für diese errichtete private Anlagestrukturen, welche erklärt haben, dass sie als professionelle Kunden gelten wollten ("Opting-out"). Ausserdem gelten gemäss Art. 10 Abs. 3ter KAG Privatkunden im Rahmen eines langfristigen Vermögensverwaltungs- oder Anlageberatungsvertrages mit einem prudentiell beaufsichtigten Finanzintermediär nach Art. 4 Abs.. 3 lit. a und c FIDLEG als qualifizierte Anleger, es sei denn, sie hätten erklärt, dass sie nicht als solche gelten wollen. Der L-QIF wird nach den speziellen Vorschriften zum L-QIF verwaltet und bedarf weder einer Bewilligung noch einer Genehmigung der FINMA. Folglich wird der L-QIF auch nicht von der FINMA beaufsichtigt.

Liberale Anlagevorschriften

Der L-QIF kann nur eine der bestehenden Rechtsformen schweizerischer kollektiver Kapitalanlagen (mit Ausnahme des SICAF) aufweisen (Art. 118c E-KAG). Es wird damit keine neue Kategorie einer kollektiven Kapitalanlage geschaffen. Das bedeutet wiederum, dass die allgemeinen Vorschriften des KAG, insbesondere in Bezug auf die Gleichbehandlung der Anleger, auch auf den L-QIF anwendbar bleiben. Nicht zur Anwendung gelangen dagegen die Anlagevorschriften für beaufsichtigte kollektive Kapitalanlagen, da für den L-QIF besondere, liberal ausgestaltete Anlagevorschriften vorgesehen sind.

Die Anlagevorschriften für den L-QIF sehen weder Vorgaben in Bezug auf die möglichen Anlagen noch auf die Risikoverteilung vor. In Übereinstimmung mit der bereits etablierten Praxis für kollektive Kapitalanlagen, die ausschliesslich an qualifizierte Anleger gerichtet sind, entfällt beim L-QIF ausserdem die Prospektpflicht. Die jeweils zulässigen Anlagen sind allerdings im Sinne des Anlegerschutzes beim vertraglichen Anlagefonds im Fondsvertrag, bei der SICAV im Anlagereglement und bei der KmGK im Gesellschaftsvertrag offenzulegen. Gleichzeitig ist auf besonderen Risiken, die mit alternativen Anlagen einhergehen, in den genannten Unterlagen, in der Bezeichnung sowie in der Werbung hinzuweisen. Ganz explizit wird neu das Erfordernis des Liquiditätsrisikomanagements festgehalten. Die Fondsleitung muss demnach sicherstellen, dass das Verhältnis zwischen den Anlagen, der Anlagepolitik, der Risikoverteilung, dem Anlegerkreis und der Rücknahmefrequenz einerseits und der Liquidität andererseits während des ganzen Produktlebenszyklus angemessen ist.

Indirekte Aufsicht

Wie bereits erläutert, untersteht der L-QIF keiner Genehmigungspflicht und damit auch keiner (direkten) finanzmarktrechtlichen Aufsicht. Um dem wegfallenden Genehmigungserfordernis entsprechend Rechnung zu tragen, kann der L-QIF nur von spezifischen, von der FINMA beaufsichtigten Instituten verwaltet werden. Die FINMA wird im Zuge der Bewilligung und der Aufsichtstätigkeit über die Institute sicherstellen, dass die angemessene Organisation sowie die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen vorliegen, um einen L-QIF zu verwalten.

Für kollektive Kapitalanlagen mit der Rechtsform eines vertraglichen Anlagefonds kann der Entfall der Produktebewilligung reibungslos umgesetzt werden. Diese werden ohnehin von einem bewilligungspflichtigen Institut verwaltet. Die Institutsbewilligung für die Fondsleitung und die Aufsicht durch die FINMA bleiben bestehen, während die Produktbewilligung für den vertraglichen L-QIF wegfallen wird.

Dagegen sind bei einem L-QIF in der Rechtsform einer gesellschaftsrechtlich organisierten kollektiven Kapitalanlage, (SICAV oder KmGK) das Produkt und die bewilligungspflichtige Fondsgesellschaft identisch. Durch den Wegfall der Bewilligungspflicht für das Produkt würden die Hürden zwar verringert, der mit der Institutsbewilligung einhergehende Zeit- und Kostenaufwand würde den Markteintritt dennoch erschweren. Der Sinn und Zweck des L-QIF erfordert daher, auch auf die Institutionsbewilligung zu verzichten.

Als Korrektiv zum entfallenden Bewilligungserfordernis müssen die Administration und die Anlageentscheide des L-QIF in der Rechtsform einer SICAV an ein und dieselbe Fondsleitung übertragen werden. Folglich ist die Selbstverwaltung für L-QIFs in der Rechtsform der SICAV nicht zulässig. Ein L-QIF in der Rechtsform einer KmGK muss die Geschäftsführung an einen Verwalter von Kollektivvermögen übertragen. Wer nur als Vermögensverwalter bewilligt ist, darf nicht als Portfoliomanager für einen L-QIF agieren.

Gut zu wissen

Art. 118f E-KAG verpflichtet Institute, die Übernahme der Verwaltung eines L-QIF dem Eidgenössischen Finanzdepartement ("EFD") mitzuteilen. Das EFD führt ein öffentlich zugängliches Verzeichnis aller L-QIF und der mit deren Verwaltung betrauten Institute.

Hinzuweisen ist noch auf die Möglichkeit, dass eine als L-QIF konzipierte kollektive Kapitalanlage zu einem späteren Zeitpunkt von der FINMA genehmigt wird ("Opting-up"). Ein Opting-up bietet sich insbesondere in Situationen an, wo Anleger einen Fonds zeitnah lancieren und rasch investieren möchten, gleichzeitig aber in Betracht ziehen, den etablierten Fonds für weitere Anlegergruppen zu öffnen. Da die Erstinvestoren bereits in den Fonds investiert haben, entfällt der Zeitdruck bezüglich des Bewilligungsverfahrens. Um die Produktbewilligung zu erhalten, muss der L-QIF sämtliche Vorschriften für bewilligte kollektive Kapitalanlagen nach KAG, einschliesslich der restriktiveren Anlagevorschriften, erfüllen.

Umgekehrt ist es auch möglich, eine kollektive Kapitalanlage, die bereits über eine Bewilligung der FINMA verfügt, in einen L-QIF umzuwandeln ("Opting-down"). Art. 118b E-KAG sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor. Neben der Einhaltung der Vorschriften über den beschränkten Anlegerkreis (Art. 118a Abs. 1 Bst. a E-KAG) und der spezifischen Verwaltungsvorschriften für den L-QIF (Art. 118a Abs. 1 Bst. b E-KAG) ist ein Opting-down nur zulässig, wenn durch geeignete Massnahmen sichergestellt ist, dass die Interessen der bisherigen Anleger, die ursprünglich in ein reguliertes Produkt investiert haben, gewahrt bleiben.

Schliesslich sei erwähnt, dass der neue L-QIF steuerlich den übrigen, von der FINMA genehmigten schweizerischen kollektiven Kapitalanlagen, gleichgestellt bleibt.

Ausblick

Der Gesetzesentwurf stellt keine Anforderungen an mögliche Anlagen. Laut Botschaft sind sämtliche denkbaren Anlagen erlaubt. So sind neben Investitionen in Effekten, Immobilien, Derivate und strukturierte Produkte und Rohstoffe auch Investitionen in Wein, Kunstgegenstände oder Oldtimer möglich. Ebenfalls zulässig sind hybride L-QIFs, also die Investition in verschiedene Anlageklassen. Der L-QIF eignet sich insbesondere auch für neue Arten von alternativen Fonds. Zu denken ist im Zuge der Digitalisierung von Anlageprodukten z.B. auch an Krypto-Fonds.

Die Referendumsfrist läuft bis zum 7. April 2022. In der Zwischenzeit wird ein erster Entwurf der zu revidierenden Verordnung zum KAG zu erarbeiten sein. Es ist zu erwarten, dass der Bundesrat die revidierte Verordnung zum KAG samt Erläuterungsbericht im ersten Halbjahr 2022 in die Vernehmlassung geben wird. Die Entwicklung in diesem Bereich wird von unserem Team laufend verfolgt.

Unser Team hat langjährige Erfahrung mit der rechtlichen Ausgestaltung und Realisierung von innovativen Finanzprodukten und steht Ihnen für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung.

Besuchen Sie unsere digitale Plattform zur Schweizer Finanzmarktregulierung und profitieren Sie von direkten, relevanten und aktuellen Handlungsempfehlungen für Ihren Finanzsektor.

Autor: Niku Gholamalizadeh (Associate)

Für mehr Information kontaktieren Sie:

Keine Rechts- oder Steuerberatung

Dieses Legal Update gibt einen allgemeinen Überblick über die Rechtslage in der Schweiz und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Falls Sie Fragen zu diesem Legal Update haben oder Rechtsberatung hinsichtlich Ihrer Situation benötigen, wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Pestalozzi Rechtsanwälte AG oder an eine der in diesem Legal Update erwähnten Kontaktpersonen.

© 2022 Pestalozzi Attorneys at Law Ltd. Alle Rechte vorbehalten.

To the top