Entwicklungen zum Berner Finanzdienstleistungsabkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich
Key takeaways
- Die Unterzeichnung einer Absichtserklärung zwischen der FINMA, der FCA und der Bank of England, in ihrer Eigenschaft als PRA, ist ein weiterer Meilenstein in der Umsetzung des Berner Finanzdienstleistungsabkommens.
- Mit dem geplanten Inkrafttreten des BFSA Anfang 2026 werden sowohl Schweizer als auch britische Finanzinstitute von zusätzlichen Möglichkeiten für den Zugang zum Schweizer bzw. britischen Markt profitieren.
- Allerdings sind noch Fragen zum BFSA offen, und es wird erwartet, dass die für November 2025 geplante Veröffentlichung von operativen Richtlinien durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden weitere Erkenntnisse und Klarstellungen liefern wird.
Einleitung
Das Berner Finanzdienstleistungsabkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich (das "Berner Finanzdienstleistungsabkommen" oder "BFSA") wurde im Dezember 2023 zwischen den beiden Ländern unterzeichnet und soll Finanzinstituten mit Sitz in der Schweiz und im Vereinigten Königreich eine Reihe neuer Möglichkeiten eröffnen – einen allgemeinen Überblick über den Inhalt des BFSA und die damit verbundenen Möglichkeiten finden Sie in unserem Legal Update vom 16. Juni 2025.
Zwar ist das BFSA noch nicht in Kraft getreten, jedoch sind die Schweiz und das Vereinigte Königreich weiterhin bestrebt, sicherzustellen, dass das BFSA bis Ende 2025 vollständig umgesetzt wird. In dieser Hinsicht gibt es verschiedene Entwicklungen im Umsetzungsprozess des BFSA.
Memorandum of Understanding der Aufsichtsbehörden
Am 22. September 2025 haben die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht ("FINMA"), die britische Financial Conduct Authority ("FCA") und die Bank of England ("BoE") in ihrer Eigenschaft als Prudential Regulation Authority ("PRA") ein Memorandum of Understanding zum BFSA ("MoU") unterzeichnet.
Der Zweck dieses MoU ist es, die Modalitäten für die Koordinierung der Aufsichtstätigkeit sowie den Informationsaustausch zwischen FINMA, FSA und BoE/PRA nach dem Inkrafttreten des BFSA festzulegen.
Es gilt zu beachten, dass das MoU keine rechtlich bindenden Verpflichtungen für die Aufsichtsbehörden schafft und auch keine Bestimmungen der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen ersetzt bzw. übersteuert. Darüber hinaus überträgt das MoU keine Rechte oder Pflichten auf Dritte (wie beispielsweise Finanzinstitute).
Dennoch stellt das MoU einen weiteren Meilenstein in der Umsetzung des Berner Finanzdienstleistungsabkommens dar und unterstreicht die Absicht beider Länder, das BFSA bis Ende 2025 vollständig umzusetzen.
Offene Fragen zur Auslegung des BFSA verbleiben
Mit Blick auf das Berner Finanzdienstleistungsabkommen verbleiben zurzeit noch offene Fragen zur Auslegung des Geltungsbereichs bestimmter Bestimmungen.
Insbesondere wird es im Bereich der Vermögensverwaltung unter dem BFSA erlaubt sein, dass Kundenberater von Schweizer Finanzinstituten ihre Dienstleistungen für bestimmte Kundengruppen im Vereinigten Königreich (und umgekehrt) im Rahmen einer vorübergehenden lokalen Tätigkeit erbringen dürfen – zusätzlich zur Erbringung von traditionellen grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen.
Jedoch definiert oder spezifiziert das BFSA den Begriff "vorübergehend" nicht, sodass für interessierte Finanzinstitute eine gewisse Unsicherheit darüber besteht, wie solche vorübergehenden lokalen Tätigkeiten im anderen Land zu gestaltet und zu planen sind.
In Bezug auf vorübergehende lokale Tätigkeit von Mitarbeitenden von Schweizer Finanzinstituten im Vereinigten Königreich legt das BFSA fest, dass (i) solche vorübergehenden Tätigkeiten keine Betriebsstätte des Schweizer Finanzinstituts im Vereinigten Königreich begründen, und dass (ii) das BFSA die einschlägigen Visa- und Einreisebestimmungen des Vereinigten Königreichs in Bezug auf den temporären Aufenthalt von Geschäftsreisenden und die diesbezüglichen bilateralen Vereinbarungen zwischen den beiden Ländern nicht beeinträchtigt (vgl. Klausel VIII(A)(1)(d) des Anhangs 5 zum BFSA).
In ähnlicher Weise legt das BFSA in Bezug auf vorübergehende lokale Tätigkeit von Mitarbeitenden britischer Finanzinstitute in der Schweiz fest, dass die Bestimmungen des BFSA die einschlägigen Visa- und Einreisebestimmungen der Schweiz in Bezug auf den temporären Aufenthalt von Geschäftsreisenden und die diesbezüglichen bilateralen Vereinbarungen zwischen den beiden Ländern nicht beeinträchtigen (vgl. Klausel VIII(A)(2)(d) des Anhangs 5 zum BFSA).
Die genaue Dauer und der Umfang vorübergehender lokaler Tätigkeit im Rahmen des BFSA bleiben daher unklar, und es bleibt abzuwarten, ob die zuständigen Aufsichtsbehörden der Schweiz und des Vereinigten Königreichs weitere Leitlinien zur Definition und zu den weiteren praktischen Voraussetzungen dafür beinhalten werden.
Nächste Schritte
Zwar ist die Unterzeichnung des MoU ein weiterer wichtiger Schritt zur Umsetzung des Berner Finanzdienstleistungsabkommens, jedoch müssen noch einige praktische Fragen zu den Möglichkeiten, die das BFSA bietet, geklärt werden.
Es wird erwartet, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden der beiden Staaten im November 2025 operative Leitlinien zum BFSA veröffentlichen werden, um das Inkrafttreten des BFSA Anfang 2026 zu erleichtern. Dies wird interessierten Finanzinstituten weitere Einblicke geben, wie sie ihre potenziellen Aktivitäten in Übereinstimmung mit dem Berner Finanzdienstleistungsabkommen organisieren und strukturieren können.
Autoren: Oliver Widmer (Partner) und Dr. iur. Samir Ainouz (Associate)
Keine Rechts- oder Steuerberatung
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