COVID-19: Schicksal von Spielerverträgen bei Verlängerung der Schweizer Fussballsaison 2019/2020 | Pestalozzi Attorneys at Law

COVID-19: Schicksal von Spielerverträgen bei Verlängerung der Schweizer Fussballsaison 2019/2020

09.04.2020

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Key-takeaways

  • Übergeordnete Verbände können während der COVID-19 Krise Weisungen in Bezug auf Spielerverträge und/oder Spielertransfers erlassen, die von den diesbezüglichen verbandsrechtlichen Bestimmungen abweichen.
  • Solche Weisungen führen nicht automatisch zur Anpassung der Vertragsverhältnisse zwischen Spieler und Clubs. Wollen diese aber einschneidende Disziplinarmassnahmen vermeiden, so sind sie gehalten, ihre Vertragsverhältnisse weisungskonform anzupassen.

1. Einleitung

Der Ball ruht im Schweizer Profifussball. Seitdem der Bundesrat am 16. März 2020 aufgrund der COVID-19-Krise die ausserordentliche Lage ausgerufen hat, steht in den Schweizer Profiligen trotz ausstehenden Meisterschafts- und Cuprunden der Spielbetrieb still.

Bereits heute steht fest, dass die Fussballsaison 2019/2020 nicht regulär beendet werden kann. Es erstaunt daher nicht, dass Notfallszenarien erarbeitet werden, um zu prüfen, wie die unterbrochenen Wettbewerbe trotz COVID-19 fertig zu spielen sind.

Mit einer allgemeingültigen Weisung hat der Weltfussballverband FIFA am 7. April 2020 erste nicht-verbindliche Empfehlungen erlassen, wie die Mitgliedsverbände die rechtlichen Herausforderungen rund um die COVID-19-Krise lösen sollen (vgl. FIFA Weisung vom 7. April 2020). Trotz der nicht-verbindlichen Natur dieser Empfehlungen legt die FIFA deren Einhaltung nahe und appelliert ausdrücklich an die Kooperationsbereitschaft der Mitgliedsverbände und der betroffenen Stakeholder.

Vor dem Hintergrund dieser Weisung erscheint fraglich, wie der Schweizerische Fussballverband ("SFV") die Empfehlungen umsetzen und welche Konsequenzen eine Verlängerung der Saisondauer auf die gewöhnlich bis am 30. Juni befristeten Verträge zwischen Spielern und Clubs sowie die bereits verabredeten Spielertransfers, mit Wirkung ab 1. Juli 2020, haben wird.

Das vorliegende Legal Update soll aufzeigen, wie diese Fragen am Beispiel der Swiss Football League ("SFL") zu beantworten sind. Insbesondere wird thematisiert, (i) inwiefern Schweizer Clubs und Spieler, Weisungen übergeordneter Verbände betreffend die Verlängerung der Saisondauer in ihren Spielerverträgen abzubilden haben, und (ii) inwiefern eine solche Weisung die Modalitäten von bereits vereinbarten Spielertransfers beeinflusst.

In Bezug auf die nachfolgenden Ausführungen ist zu beachten, dass die Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der SFL letztlich erst dann möglich sein wird, wenn die von den schweizerischen Behörden zur Bekämpfung von COVID-19 angeordneten Massnahmen eine solche Wiederaufnahme überhaupt zulassen.

2. Auswirkung einer Verlängerung der Saisondauer auf den Spielervertrag

Fallbeispiel 1:

Spieler A. ist beim Schweizer Super League Club W. unter Vertrag. Sein Spielervertrag läuft am 30. Juni 2020 aus. Er hat noch keinen neuen Spielervertrag für die kommende Saison abgeschlossen.

2.1 Rechtliche Natur und Inhalt des Spielervertrages

In der Schweiz steht ein Nichtamateur-Spieler ("Spieler") in der Regel in einem arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnis zu seinem Club ("Spielervertrag"). Dieses Vertragsverhältnis unterliegt den arbeitsrechtlichen Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechts, wobei zahlreiche verbandsrechtliche Regelungen diese gesetzliche Unterstellung durchdringen.

Dies zeigt sich insbesondere daran, dass sowohl der Club als auch der Spieler unter anderem verpflichtet sind, (i) die Statuten, Reglemente und Richtlinien der FIFA, UEFA, des SFV und der SFL zu befolgen, und (ii) diese verbandsrechtlichen Regelungen als integrierenden Bestandteil in den Spielervertrag aufzunehmen. Diese Verpflichtungen ergeben sich aus dem Muster-Arbeitsvertrages des SFV ("Mustervertrag"), dessen Abschluss unter anderem vorgewiesen werden muss, damit ein Spieler vom SFV für die Teilnahme am Spielbetrieb der SFL überhaupt berechtigt wird.

Aus dem Gesagten folgt, dass die Vertragsparteien den Vertragsinhalt eines Spielervertrages in den Schranken des schweizerischen Arbeitsrechtes grundsätzlich frei bestimmen können. Nichtsdestotrotz werden sie regelmässig die verbandsrechtlichen Regelungen mitberücksichtigen müssen, wollen sie nicht die Spielberechtigung des entsprechenden Spielers für den SFL-Spielbetrieb riskieren.

2.2 Auswirkungen von Weisungen übergeordneter Verbände auf den Spielervertrag

2.2.1 Weisungsrecht übergeordneter Verbände beim Vorliegen höherer Gewalt

Vor diesem Hintergrund ist auch das in den FIFA-Statuten enthaltene generelle Weisungsrecht der FIFA zu sehen. Dieses Weisungsrecht ermächtigt die FIFA unter anderem beim Vorliegen höherer Gewalt, eine spezifische Weisung in Bezug auf Spielerverträge zu erlassen. Gleichzeitig werden die Mitgliedsverbände der FIFA verpflichtet, solche Weisungen einerseits selbst einzuhalten, andererseits die Einhaltung durch die den Mitgliedsverbänden untergeordneten Clubs und Spieler sicherzustellen.

Die erlassene Weisung der FIFA bringt zum Ausdruck, dass die COVID-19-Krise im Verständnis der FIFA ein Fall höherer Gewalt darstellt. Der SFV als Mitglied der FIFA ist nun entsprechend gehalten, dieser Weisung, die Spielerverträge seien an die verlängerte Saisondauer anzupassen, Folge zu leisten und deren Durchsetzung bei den ihm unterstellten Clubs sicherzustellen. Die Clubs sowie die Spieler sind aufgrund der Übernahme der verbandsrechtlichen Regelungen im Spielervertrag an allfällige diesbezügliche Weisungen des SFV gebunden.

2.2.2 Weisung führt nicht zur automatischen Verlängerung des Spielervertrages

Fraglich ist, welche Auswirkungen dieses verbandsrechtliche Weisungsrecht auf den einzelnen Spielervertrag zeitigt. Insbesondere von Interesse ist, ob Clubs und Spieler verpflichtet sind, die Weisung in ihren Spielerverträgen abzubilden und diese – kraft der verbandsrechtlichen Weisung – bis zum Ende der Spielzeit der Saison 2019/2020 zu verlängern.

Dieser Frage ist vorwegzunehmen, dass Streitigkeiten im Zusammenhang mit Spielerverträgen in der Schweiz regelmässig durch staatliche Gerichte und unter Berücksichtigung der einschlägigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen beurteilt werden.

Aus der Perspektive des staatlichen Rechts ist ein Nichtbefolgen einer verbandsrechtlichen Weisung unproblematisch, da sich die Grenzen privatautonomer Vereinbarungen bezogen auf das Arbeitsrecht nur aus gesetzlich zwingenden Rechtsnormen ergeben, nicht aber aus Beschränkungen übergeordneter, verbandsrechtlicher Regelungen. Hieraus folgt, dass ein staatliches Gericht einer individuellen vertraglichen Abrede die Geltung nicht deshalb versagen würde, weil diese Abrede der Weisung eines übergeordneten Verbandes widerspricht. Für ein staatliches Gericht wäre vielmehr das zwischen den Parteien individuell Vereinbarte massgebend. Darüber hinaus ist festzustellen, dass Weisungen Dritter (hier der FIFA oder des SFV) aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht unter das gesetzliche Weisungsrecht des Arbeitsgebers fallen und den konkreten Inhalt des Spielervertrages entsprechend nicht direkt zu beeinflussen vermögen.

Ungeachtet dessen können Zuwiderhandlungen gegen Vorgaben übergeordneter Verbände ganz allgemein verbandsrechtliche Konsequenzen und die Einleitung eines verbandsinternen Disziplinarverfahrens zur Folge haben. Die möglichen Sanktionsmassnahmen reichen dabei von Bussen, Sperren bis zum Entzug von Lizenzen (bspw. für die Teilnahme an nationalen Ligen oder an internationalen Wettbewerben, wie der UEFA Champions League) bzw. Spielberechtigungen, wobei sowohl der Club als auch der Spieler hiervon betroffen sein könnten.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vertragsparteien – aus der Sicht des staatlichen Rechts – einen Spielervertrag nicht den Weisungen eines übergeordneten Verbandes entsprechend anzupassen haben und im Rahmen eines staatlichen Gerichtsverfahrens aus der Missachtung verbandsrechtlicher Weisungen auch keinerlei nachteiligen Folgen zu befürchten haben. Dass sich eine verbandsrechtliche Weisung direkt auf den Spielervertrag auswirkt, indem dieser durch den Erlass der Weisung automatisch verlängert würde, scheint ausgeschlossen. Ungeachtet dessen dürften die Vertragsparteien jedoch regelmässig ein grosses Interesse daran haben, den Spielervertrag weisungskonform auszugestalten, um möglichen Disziplinarmassnahmen des Verbandes zu entgehen.

2.3 Möglichkeiten zur Anpassung von Spielerverträgen an veränderte Saisondauer

Der Frage, wie Spielerverträge grundsätzlich verlängert werden können, ist vorauszuschicken, dass die verbandsrechtlichen Bestimmungen der SFL vorsehen, ein Spielervertrag sei zwingend zeitlich zu befristen. Dementsprechend werden Spielerverträge in der Schweiz praxisgemäss zeitlich auf den 30. Juni und damit auf das ordentliche Ende einer Spielzeit beschränkt.

Weder die einschlägigen verbandsrechtlichen Regelungen noch der zwingend abzuschliessende Mustervertrag enthalten Bestimmungen zur Verlängerung des Spielervertrages. Entsprechend beurteilt sich die Frage nach der zeitlichen Anpassung eines Spielervertrages nach den allgemeinen privatrechtlichen Bestimmungen.

2.3.1 Einvernehmliche Verlängerung des Spielervertrages

Nach ausdrücklicher gesetzlicher Ordnung enden befristete Arbeitsverträge nach Ablauf der Vertragsdauer ohne Kündigung. Wird das Vertragsverhältnis über den vereinbarten Endtermin stillschweigend fortgeführt, sieht das Gesetz zwei Vermutungen vor: Erstens das Weiterbestehen des alten Arbeitsverhältnisses, zweitens den Übergang des befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes.

Sind sich Spieler und Club einig, dass der Spielervertrag trotz Befristung bis 30. Juni 2020 für die Dauer der verlängerten Spielzeit weitergeführt werden soll, kann der Spielervertrag bei entsprechender vertraglicher Verfügbarkeit des Spielers stillschweigend fortgeführt werden. In Anbetracht dessen, dass Spielerverträge zwingend zu befristen sind, besteht hingegen kein Raum für die weitere gesetzliche Vermutung. Ein Übergang von einem befristeten in ein unbefristetes Vertragsverhältnis entspricht nicht dem ursprünglichen Willen der Parteien.

Es ist selbstredend jederzeit denkbar, dass der Spielervertrag mit ausdrücklicher Zustimmung des Clubs und des Spielers für eine beliebige Zeitdauer verlängert wird. Voraussetzung dafür ist (i) das Einverständnis beider Vertragsparteien, (ii) die vertragliche Verfügbarkeit des Spielers und (iii) die Einhaltung der Schriftform.

2.3.2 Verlängerung des Spielervertrages infolge gravierender Äquivalenzstörung

Weigert sich eine Vertragspartei den Spielervertrag über die ursprüngliche Laufzeit hinaus zu verlängern, ist zu prüfen, ob die anpassungswillige Vertragspartei eine Änderung des Spielervertrages aufgrund der sog. "clausula rebus sic stantibus" erwirken könnte.

Schweizer Gerichte können beim Vorliegen besonderer Umstände einen Vertrag nach richterlichem Ermessen anpassen. Eine solche Anpassung ist insbesondere dann möglich, wenn (i) sich die Verhältnisse seit Vertragsabschluss grundlegend verändert haben, (ii) die Veränderungen ein gravierendes Missverhältnis zwischen vertraglicher Leistung und Gegenleistung bewirken (sog. Äquivalenzstörung), (iii) die Veränderungen weder vorhersehbar noch vermeidbar waren, und (iv) kein widersprüchliches Parteiverhalten vorliegt. Praxisgemäss werden hohe Anforderungen an diese Voraussetzungen gestellt.

Es dürften keine Zweifel daran bestehen, dass sich die Verhältnisse durch den unvorhersehbaren, nicht vermeidbaren Ausbruch des COVID-19 grundlegend und von den Parteien in unverschuldeter Art und Weise verändert haben. Diese veränderten Verhältnisse führen nun dazu, dass ein Spielervertrag per 30. Juni 2020 ausläuft, obwohl (i) die Fussballsaison 2019/2020 unter Umständen noch nicht zu Ende gespielt ist, und obwohl (ii) die Vertragsparteien grundsätzlich beabsichtigten, den Spielervertrag bis zum Ende der Fussballsaison (und nicht bloss bis zum 30. Juni 2020) abzuschliessen. Diese Umstände können – sowohl aus Sicht des Clubs als auch des Spielers – zu erheblichen Missverhältnissen zwischen den vertraglichen Leistungen und Gegenleistungen führen. Zu denken ist insbesondere daran, dass ein Club die Dienste eines Spielers, dessen Spielervertrag am 30. Juni 2020 und bei noch fortdauernder Spielzeit ausläuft, für die entscheidende Wettbewerbsphase nicht mehr einsetzen könnte, obwohl der Club in Erfüllung seiner Pflichten für die finanzielle Entlohnung des Spielers aufgekommen ist.

Aus dem Gesagten folgt, dass gute Argumente dafür bestehen, eine Anpassung des Spielervertrages auf der Grundlage der "clausula rebus sic stantibus" zu verlangen. Infolge der zeitlichen Verhältnisse wäre die anpassungswillige Vertragspartei jedoch gut beraten, die Geltendmachung der Vertragsanpassung auf dem Wege einer vorsorglichen oder gar superprovisorischen Massnahme zu verlangen. Zu denken ist dabei insbesondere an die Anordnung einer Regelungsmassnahme, den Spielervertrag bis zum definitiven Entscheid in der Sache unverändert (und über den 30. Juni 2020 hinaus) weitergelten zu lassen.

3. Auswirkung einer Verlängerung der Saisondauer auf den Spielertransfer

Fallbeispiel 2:

Spieler B. ist beim Schweizer Super League Club Y. unter Vertrag. Sein Spielervertrag läuft bis am 30. Juni 2022. Trotz laufendem Spielervertrag wird Spieler B. per 1. Juli 2020 zum Club Z. transferiert.

Fallbeispiel 3:

Spieler C. ist beim Schweizer Super League Club X. unter Vertrag. Sein Spielervertrag läuft am 30. Juni 2020 aus. Für die kommende Saison hat er einen neuen Spielervertrag mit dem Club Z. abgeschlossen. Der Transfer soll per 1. Juli 2020 vollzogen werden.

Die vorangehenden Ausführungen zeigen, dass es grundsätzlich denkbar ist, einen Spieler über die eigentliche Dauer des Spielervertrags hinaus zu verpflichten. Fraglich ist jedoch, ob dieses Recht auch dann besteht, wenn ein Spieler, dessen Vertrag am 30. Juni 2020 auslaufen würde, bereits einen neuen Spielervertrag mit einem anderen Club abgeschlossen hat und daher ab dem 1. Juli 2020 in einem Vertragsverhältnis mit einem neuen Club ("aufnehmender Club") steht.

3.1 Vorbemerkungen zur Spielberechtigung eines Spielers

Analog zur vertraglichen Ausgestaltung der Spielerverträge verpflichtet die FIFA ihre Mitgliedsverbände, in Bezug auf die Spielberechtigung der Spieler einheitliche Rahmenbedingungen zu erlassen. Dieser Verpflichtung ist der SFV nachgekommen und hat das Spielberechtigungsregime an die SFL delegiert.

Will ein Club einen Spieler am Spielbetrieb der SFL teilnehmen lassen, so bedarf er für diesen Spieler einer Spielberechtigung. Eine solche erhält der Club, indem er (i) mit dem Spieler einen Spielervertrag abschliesst, (ii) innerhalb von bestimmten Perioden bei der SFL einen Antrag auf Spielberechtigung dieses Spielers (sog. Qualifikationsantrag) stellt, und (iii) die übrigen im Zusammenhang mit dem Qualifikationsantrag bestehenden Einschränkungen einhält (insb. Berücksichtigung der maximal drei zulässigen Qualifikationen pro Spieler und Saison).

In Bezug auf diese zweite Voraussetzung ist zu bemerken, dass ein Club einen Spieler nur zweimal jährlich während sog. Qualifikationsperioden (oder Transferperioden) für den Spielbetrieb qualifizieren kann, namentlich vom 15. Januar – 15. Februar sowie vom 10. Juni – 31. August.

3.2 Generelle Voraussetzungen eines Spielertransfers

3.2.1 Fallbeispiel 2: Spielertransfer während bestehendem Vertragsverhältnis

Bei einem Spielertransfer, d.h. bei einem Clubwechsel eines Spielers trotz laufendem Vertrag, handelt es sich regelmässig um ein Dreiparteiengeschäft zwischen dem Spieler, dem aktuellen Club ("abgebender Club") und dem aufnehmenden Club. Dabei fallen klassischerweise die nachfolgenden drei Rechtsgeschäfte an, deren Abschluss letztlich Voraussetzung der sog. Transfervereinbarung sind.

Erstens wird ein Transfervertrag zwischen dem abgebenden und dem aufnehmenden Club abgeschlossen. Nebst der Verpflichtung zur Bezahlung einer Ablöseentschädigung beinhaltet der Transfervertrag bei internationalen Transfers die Verpflichtung zur Ausstellung des für die Qualifikation des Spielers nötigen internationalen Freigabescheins (ITC), bei nationalen Transfers die Verpflichtung zur Transferzustimmung des abgebenden Clubs. Der Transfervertrag bezweckt vordergründig die Qualifikation bzw. Spielberechtigung des Spielers für den aufnehmenden Club.

Zweitens setzt eine Transfervereinbarung voraus, dass der bestehende Spielervertrag zwischen dem Spieler und dem abgebenden Club auf ein bestimmtes Datum hin aufgelöst wird. Da der befristete Spielervertrag von den Parteien nicht ordentlich gekündigt werden kann, bedarf es zwecks Beendigung des aktuellen Spielervertrages eine sog. Aufhebungsvereinbarung. Diese erfährt im schweizerischen Arbeitsrecht keiner konkreten Regelung, sie ist letztlich aber Ausfluss der allgemeinen Vertragsfreiheit. Sie verlangt nach einer übereinstimmenden gegenseitigen Willensäusserung des abgebenden Clubs und des Spielers.

Drittens bedarf es des Abschlusses eines neuen Spielervertrages zwischen dem Spieler und dem aufnehmenden Club. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass ein aufnehmender Club mit Einverständnis des abgebenden Clubs auch ausserhalb der Transferperioden berechtigt ist, Vertragsverhandlungen mit Spielern zu führen. Der neue Spielervertrag kann jedoch erst dann abgeschlossen werden, wenn der bestehende Spielervertrag per Abschlussdatum des neuen Spielervertrages aufgelöst worden ist.

3.2.2 Fallbeispiel 3: Spielertransfer bei auslaufendem Spielervertrag

Wechselt ein Spieler nach Ablauf seiner Vertragslaufzeit, wird gewöhnlich nur ein neuer Spielervertrag zwischen dem Spieler und dem aufnehmenden Club abgeschlossen, wobei dies frühestens sechs Monate vor Ablauf der Vertragslaufzeit möglich ist.

3.3 Auswirkungen einer Weisung auf den Spielertransfer

3.3.1 Weisungsrecht übergeordneter Verbände beim Vorliegen höherer Gewalt

Kraft ihres vorgenannten Weisungsrechts steht es den übergeordneten Verbänden (und insb. der FIFA) zu, beim Vorliegen höherer Gewalt auch spezifische Weisungen in Bezug auf Spielertransfers zu erlassen.

Wie eingangs erwähnt, hat die FIFA von diesem Weisungsrecht Gebrauch gemacht und die Verlängerung der Spielzeit und konsequenterweise auch die Verschiebung der Transferperioden und damit auch indirekt die Anpassung der Transfervereinbarungen an die neuen Verhältnisse empfohlen. Mitgliedsverbände (und somit auch der SFV) sind angehalten, dieser Weisung nachzukommen und die nationalen Transferperioden entsprechend anzupassen.

Würde der SFV aufgrund der Weisung der FIFA die Transferperiode verschieben, so hätte dies zur Folge, dass die per 1. Juli 2020 neuverpflichteten Spieler erst zu einem späteren Zeitpunkt für den aufnehmenden Club qualifiziert werden könnten.

3.3.2 Fallbeispiel 2: Konsequenzen der Weisung auf die Transfervereinbarung

Analog zu den Ausführungen zum Spielervertrag kann festgehalten werden, dass eine verbandsrechtliche Weisung des SFV betreffend die Transferperioden zwar möglich ist, diese aber nicht unmittelbar und automatisch zur Anpassung der mit dem Transfer eines Spielers zusammenhängenden Vertragsverhältnissen führt.

Im Zusammenhang mit Transferverträgen und Auflösungsvereinbarungen ist jedoch zu bemerken, dass allfällige Streitigkeiten in Bezug auf die Anpassung dieser Verträge an die neuen Gegebenheiten, nicht wie bei Spielerverträgen durch staatliche Gerichte, sondern kraft ausdrücklicher Regelung im Rahmen eines Schiedsverfahrens durch verbandsinterne Instanzen (letztinstanzlich durch das Tribunal Arbitral du Sport) beurteilt würden.

Dies hat zur Folge, dass die Reglemente und Weisungen des SFV betreffend die Transfermodalitäten quasi-gesetzliche Wirkung entfalten und zur Unwirksamkeit einer damit im Widerspruch stehenden Individualvereinbarung führen können (vgl. im Gegensatz hierzu die Bedeutung verbandsrechtlicher Bestimmungen im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus dem Spielervertrag, Ziff. 2.2.2). Würden die am Transfer beteiligten Clubs die mit diesem Transfer zusammenhängenden Vertragsverhältnisse folglich nicht weisungskonform anpassen, so würden sie riskieren, (i) den betreffenden Spieler bis zur nächsten Transferperiode nicht für den Spielbetrieb qualifizieren zu können, und/oder (ii) Gefahr laufen, mit anderen Disziplinarmassnahmen belegt zu werden. Ungeachtet allfälliger ökonomischer und praktischer Interessen dürfte das Bedürfnis der am Transfer beteiligten Parteien somit regelmässig gross sein, sich weisungskonform zu verhalten und die Transferverträge und Aufhebungsvereinbarungen entsprechend an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Konsequenterweise dürfte dies denn auch für den mit dem aufnehmenden Club abgeschlossenen Spielervertrag gelten, obwohl dessen Überprüfung grundsätzlich den staatlichen Gerichten vorbehalten wäre und der verbandsrechtlichen Weisung entsprechend keine quasi-gesetzliche Natur zukäme (vgl. Ziff. 2.2.2). Im Vergleich zum im ersten Teil diskutierten Spielervertrag ist der im Rahmen einer Transfervereinbarung abgeschlossene Spielervertrag jedoch insofern differenziert zu beurteilen, als dass dessen Vollzug erst mit Auflösung des aktuellen Spielervertrages möglich wird. Eine zeitliche Anpassung der Aufhebungsvereinbarung unter dem gleichzeitigen Fortbestand des aktuellen Spielervertrages auf der einen Seite und eine Nichtanpassung des neuen Spielervertrages auf der anderen Seite wäre daher weder praktikabel, noch in irgendeiner Art und Weise sinnvoll.

3.3.3 Fallbeispiel 3: Konsequenzen der Weisung auf den aktuellen und neuen Spielervertrag

In Bezug auf Fallbeispiel 3 kann im Wesentlichen auf die Ausführungen im ersten Teil verwiesen werden (vgl. Ziff. 2).

Im Unterschied dazu ist jedoch zu bemerken, dass eine Verlängerung des auslaufenden Spielervertrages nicht ohne Weiteres und ohne Berücksichtigung der Interessen des aufnehmenden Clubs erfolgen könnte. Dieser wäre nämlich grundsätzlich berechtigt, die Dienste des Spielers ab 1. Juli 2020 in Anspruch zu nehmen, selbst wenn der Spieler (noch) nicht für den Spielbetrieb qualifiziert werden könnte (bspw. zu Werbezwecken oder zwecks Teilnahme am Trainingsbetrieb).

Ungeachtet dessen dürften die Interessen der beiden am Transfer beteiligten Clubs regelmässig grösser sein, den Spieler für die verlängerte Spielzeit beim abgebenden Club zu belassen und ihn erst in der Transferperiode zu transferieren. Ein solches Vorgehen rechtfertigte sich nicht bloss in Anbetracht der Disziplinarmassnahmen, die bei einem nicht weisungskonformen Verhalten drohen, sondern auch vor dem Hintergrund, dass die Parteien den neuen Spielervertrag unter der Voraussetzung abgeschlossen haben, der betreffende Spieler könne vom aufnehmenden Club für den Spielbetrieb qualifiziert und für die vorgesehene Arbeit eingesetzt werden.

Letztlich dürfte sodann das Interesse des aufnehmenden Clubs an einer Spielerverpflichtung vor Öffnung des Transferfensters praxisgemäss auch aus wirtschaftlichen Überlegungen nur gering sein. Kein Club dürfte bereit sein, einem Spieler das Salär zu bezahlen, ohne dass dieser seiner vertraglichen Hauptpflicht, dem Fussballspielen, nachkommen kann. Dies umso mehr, als dass die Unterbrechung der Spielzeit viele Clubs in Liquiditätsengpässe gebracht hat und aufgrund der drohenden Geisterspiele weitere Umsatzeinbussen zu erwarten sind.

Autoren: Lorenza Ferrari (Partner), Nando Lappert (Associate), Gilles Steiger (Junior Associate)

Keine Rechts- oder Steuerberatung

Dieses Legal Update gibt einen allgemeinen Überblick über die Rechtslage in der Schweiz und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Falls Sie Fragen zu diesem Legal Update haben oder Rechtsberatung hinsichtlich Ihrer Situation benötigen, wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Pestalozzi Rechtsanwälte AG oder an eine der in diesem Legal Update erwähnten Kontaktpersonen.

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