COVID-19: Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen in Zivilverfahren | Pestalozzi Attorneys at Law

COVID-19: Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen in Zivilverfahren

24.04.2020

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Key takeaways

  • Bei Verhandlungen mit physischer Anwesenheit der beteiligten Parteien sind zwingend die Hygiene-Empfehlungen des BAG einzuhalten
  • Verhandlungen, Einvernahmen und Anhörungen können neu auch per Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden, wenn die Parteien einverstanden sind und keine wichtigen Gründe dagegensprechen
  • Ist weder die physische Anwesenheit der Parteien noch der Einsatz von Video- oder Telefonkonferenz zumutbar und möglich, kann das Gericht das Verfahren schriftlich durchführen
  • Der Datenschutz muss beim Einsatz von Video- oder Telefonkonferenz berücksichtigt werden

Der Bundesrat hat mit der Verordnung über Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht im Zusammenhang mit COVID-19 vom 16. April 2020 (COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht) entschieden, dass in Abweichung zur Zivilprozessordnung Verhandlungen, Einvernahmen und Anhörungen per Videokonferenz und Verfahrenshandlungen in eherechtlichen Verfahren per Video- oder Telefonkonferenz stattfinden können. Die Öffentlichkeit kann mit Ausnahme von Medienschaffenden von Videokonferenzen ausgeschlossen werden. Falls die Durchführung per Video- bzw. Telefonkonferenz unmöglich oder unzumutbar ist, können Gerichte auf mündliche Verhandlungen verzichten und das Verfahren schriftlich durchzuführen. Der Datenschutz ist stets zu beachten.

Auf spezielle Massnahmen im Bereich des Verwaltungs- und Strafverfahrensrecht hat der Bundesrat verzichtet. Im Verwaltungsverfahrensrecht sind Videokonferenzen schon heute mit gewissen Einschränkungen möglich. Im Strafverfahrensrecht können die Staatsanwaltschaft oder Gerichte Einvernahmen mittels Videokonferenz durchführen. Die Durchführung ganzer Verhandlungen mittels Videokonferenz ist im Strafverfahrensrecht hingegen weiterhin nicht möglich.

Präventionsmassnahmen bei physischen Verhandlungen

Nach Ende der Gerichtsferien am 20. April 2020 haben verschiedene Gerichte den Verhandlungsbetrieb wieder aufgenommen. Im Kanton Zürich werden am Obergericht, an den Bezirksgerichten und den Friedensrichterämtern ab dem 27. April 2020 wieder Verhandlungen und Einvernahmen durchgeführt. Die Gerichte müssen allerdings gewährleisten, dass bei allen gewöhnlich durchgeführten Verfahrenshandlungen die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit betreffend Hygiene und soziale Distanz eingehalten werden. Beispielsweise ist die Anzahl der anwesenden Personen möglichst zu limitieren.

Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen in Zivilverfahren

Gemäss der Verordnung des Bundesrates können Verhandlungen und Einvernahmen in Zivilverfahren ausnahmsweise auch mittels Videokonferenz durchgeführt werden. Voraussetzung für die Durchführung von Videokonferenzen ist entweder das Einverständnis der betroffenen Parteien oder wichtige Gründe wie besondere Dringlichkeit. Mit Ausnahme von akkreditierten Medienschaffenden kann die Öffentlichkeit bei Videokonferenzen ausgeschlossen werden.

Falls eine mündliche Verhandlung oder eine Verhandlung mittels Video-oder Telefonkonferenz nicht möglich oder unzumutbar ist und keine wichtigen Gründe dagegensprechen, kann das Gericht im Einzelfalls auf die Durchführung einer Verhandlung verzichten und das Verfahren schriftlich durchführen.

Grundsätzlich können Anhörungen auch in Eheschutz- und Scheidungsverfahren mittels Video- oder auch Telefonkonferenz durchgeführt werden. Die Anhörung von Kindern mittels Video- und Telefonkonferenz ist hingegen weiterhin nicht zulässig. Hier wäre die Gefahr zu gross, dass die angehörten Kinder beeinflusst oder gefährdet würden.

Grundsätze für den Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen

Beim Einsatz von Video- oder Telefonkonferenzen ist sicherzustellen, dass die Übertragung für die beteiligten Parteien zeitgleich erfolgt. Bei Einvernahmen und Anhörungen ist zudem notwendig, dass diese aufgezeichnet und zu Akten genommen werden können. Im Übrigen richtet sich die Protokollierung von Video- und Telefonkonferenzen nach den allgemeinen Regeln.

Bei Video- und Telefonkonferenzen muss der Datenschutz bzw. die Datensicherheit stets gewährleistet werden. Die Übertragung von Bild und Ton muss "end-to-end" verschlüsselt erfolgen. Die benutzten Server müssen sich zwingend in der Schweiz oder der Europäischen Union befinden, was die Wahl der möglichen Provider erheblich einschränken dürfte. Eine unbefugte Datenweitergabe an Dritte muss verhindert werden. Im Rahmen dieser Grundsätze sind die Gerichte bei der Auswahl der entsprechenden Infrastruktur grundsätzlich frei. Es wird jedoch empfohlen, die Vorgaben und Empfehlungen der Datenschutzbeauftragten zu berücksichtigen.

Autoren: Lukas Rusch (Senior Associate), Gilles Steiger (Junior Associate)

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