Bewilligungsprozess für Vermögensverwalter und Trustees: Status und erste praktische Erfahrungen
Mit Inkrafttreten des Finanzinstitutsgesetzes ("FINIG") und des Finanzdienstleistungsgesetzes ("FIDLEG") am 1. Januar 2020 wurden die Bewilligungsvoraussetzungen und die Voraussetzungen für die Dienstleistungserbringung für Vermögensverwalter und Trustees neu geregelt. Unabhängige Vermögensverwalter und Trustees benötigen seither neu eine Bewilligung zur Ausübung ihrer Tätigkeit.
Die Fristen zur Einreichung des Bewilligungsgesuchs spätestens am 31. Dezember 2022 rücken näher, und der Bewilligungsprozess hat für einige Gesuchsteller bereits begonnen. Die FINMA hat kürzlich erste Erfahrungen im Bewilligungsprozess mit Vermögensverwaltern und Trustees veröffentlicht. Dieses Legal Update soll einen Überblick über den Stand der erteilten Bewilligungen und eingereichten Bewilligungsgesuchen geben und zudem erste praktische Erfahrungen, die mit den neuen Bewilligungsgesuchen gemacht wurden, teilen. Für Informationen zu den Bewilligungsvoraussetzungen für unabhängige Vermögensverwalter verweisen wir gerne auf unser Legal Update vom 1. Dezember 2020.
Status Bewilligungsprozess
Bisher hat die FINMA 95 Bewilligungsgesuche erhalten und 36 Vermögensverwalter bewilligt, wobei davon erst eine Lizenz an einen unabhängigen Vermögensverwalter erteilt wurde. Alle anderen Bewilligungsträger sind Gruppengesellschaften nach FINIG. Gemäss Art. 74 Abs. 2 und Abs. 3 FINIG mussten sich unabhängige Vermögensverwalter und Trustees, die bereits vor Inkrafttreten des FINIG als solche tätig waren, bis zum 30. Juni 2020 bei der FINMA melden. Unabhängige Vermögensverwalter, die bis Ende 2020 ihre Tätigkeit aufnahmen, mussten sich unverzüglich ab Aufnahme der Tätigkeit bei der FINMA melden. Aufgrund dieser Meldungen lässt sich ungefähr abschätzen, wie viele weitere Bewilligungsgesuche noch eingereicht werden. Nach Angaben der FINMA sollten dies 2'521 Vermögensverwalter und Trustees sein.
Die überwiegende Mehrheit der Meldungen wurde von Vermögensverwaltern vorgenommen, die bereits vor dem Inkrafttreten des FINIG tätig waren. Insgesamt werden die Bewilligungsgesuche später eingereicht als gemeldet, weshalb die FINMA damit rechnet, dass ein Grossteil der Gesuche erst im Jahr 2023 bearbeitet werden kann. Die FINMA versucht daher, der erwarteten Flut von Gesuchen Ende 2022 zuvor zu kommen und informiert die Branche proaktiv.
Erkenntnisse und praktische Erfahrungen aus dem Bewilligungsprozess
Gemäss FINMA werden nur komplexe und riskobehaftete Modelle vertieft geprüft; somit wird bei der Prüfung des Bewilligungsgesuchs ein risikobasierter Ansatz verfolgt. Die FINMA prüft anhand verschiedener Kriterien, ob ein Geschäftsmodell mit erhöhten Risken vorliegt und wie vertieft die Prüfung ausfallen soll. Zu diesen Kriterien gehören die Art, Anzahl und das Domizil der Kunden, das Volumen des verwalteten Vermögens, die eingesetzten Anlagestrategien und Produkte sowie die Anzahl und Arten der angebotenen Dienstleistungen. Dabei ist nicht auszuschliessen, dass Geschäftsmodelle mit erhöhten Risiken nicht bewilligt werden. Dazu gehören insbesondere die folgenden Geschäftsmodelle:
- Beizug ausländischer Depotbanken
- Ausländische Kundenstrukturen
- Einsatz von Anlageinstrumenten mit potentiellen Interessenskonflikten
- Entschädigung von Dritten (Retrozessionen, etc.)
Die FINMA hat ihre Erwartungen, die sie im Zusammenhang mit der Verfolgung von risikobehafteten Geschäftsmodellen stellt, veröffentlicht. So muss der Beizug ausländischer Depotbanken erklärbar sein bzw. Sinn ergeben. Die FINMA erwartet, dass die Risiken, die mit diesem Beizug zusammenhängen, im Weisungs- und Kontrollwesen adressiert werden. Weiter sollen Risk und Compliance Funktionen von den operativen Bereichen getrennt werden.
Die genannten drei Erfordernisse werden sinngemäss auch beim Vorliegen von ausländischen Kundenstrukturen erwartet. Zusätzlich sollen die Kundenberater, die auch in ausländischen Kundenstrukturen tätig sind, einschlägige Erfahrung und entsprechende fachliche Qualifikationen mit sich bringen und regelmässig geschult werden.
Werden Anlageinstrumente mit potentiellen Interessenskonflikten eingesetzt, so erwartet die FINMA unter anderem, dass interne Regelungen betreffend Vermeidung und Offenlegung von Interessenskonflikten geschaffen werden und die eigenen Anlageinstrumente im Einklang mit der Anlagestrategie prozentual beschränkt werden. Allfällige mehrfache Gebührenverrechnungen sollen offengelegt und deren Handhabung definiert werden. Zudem wird auch hier die Trennung von Risk und Compliance von den operativen Einheiten erwartet.
Werden Dritte entschädigt, muss diese Entschädigung unter Einhaltung der Erfordernisse von Art. 26 FIDLEG erfolgen. Die FINMA erwartet ausserdem, dass die damit im Zusammenhang stehenden Risiken im Weisungswesen adressiert werden.
Unsere Erfahrungen aus begleiteten Bewilligungsgesuchen
Zusätzlich zu den oben genannten Ausführungen zu den Erkenntnissen der FINMA haben wir bei der Begleitung von Bewilligungsgesuchen die folgenden Erfahrungen gemacht.
Organisationsreglement in Amtssprache
Bekanntlich muss im Rahmen des Bewilligungsgesuchs ein Organisationsreglement beifügen werden, welches die Umsetzung der organisatorischen Anforderungen an den Gesuchsteller definiert. Dieses Organisationsreglement muss zwingend in einer Amtssprache eingereicht werden. Ein Organisationsreglement ausschliesslich in englischer Sprache ist daher nicht ausreichend.
Einzelzeichnungsberechtigung bei "kleinen" Gesuchstellern
Insbesondere bei Gesuchstellern mit einer schlanken Organisationsstruktur stellt sich oft die Frage, ob eine vertretungsberechtigte Person auch alleine unterzeichnen kann. Art. 23 Abs. 1 Finanzinstitutsverordnung ("FINIV") geht im Grundsatz davon aus, dass zu zweien gezeichnet werden muss, vorbehalten bleibt jedoch Art. 20 Abs. 2 FINIG. Einzelzeichnungsberechtigung ist gerade bei nur einem Mitglied des Verwaltungsrates aus gesellschaftsrechtlichen Gründen zwingend. Falls der Gesuchsteller die Rechtsform einer Aktiengesellschaft gewählt hat, kann der einzige Verwaltungsrat zeitgleich auch der einzige qualifizierte Geschäftsführer sein.
In einem solchen Fall stellt sich oft auch die Frage, ob eine Trennung zwischen Geschäftsführung und Oberleitung zweckmässig ist. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Ausübung eines Verwaltungsratsmandats und eines Geschäftsleitungsmandats in Personalunion von der FINMA abgelehnt werden könnte, wenn der Gesuchsteller zehn oder mehr Vollzeitstellen oder einen jährlichen Bruttoertrag von mehr als 5 Millionen Franken aufweist und Art und Umfang seiner Tätigkeit eine Trennung dieser beiden Aufgaben erfordert (Art. 23 Abs. 3 FINIV). In diesem Fall die Einzelzeichnungsberechtigung folglich nicht möglich.
Zusammengefasst spricht nach unserer Erfahrung nichts dagegen, eine Einzelzeichnungsberechtigung vorzusehen, sofern die hier genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Meldung aller Delegationen von Aufgaben
In Bezug auf die Delegation von wesentlichen Aufgaben und die damit verbundene Meldepflicht an die FINMA haben wir die Erfahrung gemacht, dass entgegen dem Gesetzeswortlaut von Art. 64 Abs. 1 FINIG alle ausgelagerten Tätigkeiten der FINMA gemeldet werden müssen, auch "unwesentliche". Die FINMA entscheidet anschliessend im Einzelfall, ob ihrer Ansicht nach eine wesentliche oder unwesentliche Auslagerung vorliegt. Insbesondere beurteilt die FINMA nach unserer Erfahrung die Auslagerung von Compliance und Risk Management auch bei Portfolio Managern als "relevante" Auslagerung.
Insgesamt kann das FINMA-Rundschreiben zum Outsourcing analog auf Auslagerungen von Tätigkeiten der Vermögensverwalter und Trustees angewendet werden. Wir empfehlen daher, für alle ausgelagerten Aktivitäten den FINMA-Standard gemäss Outsourcing Rundschreiben einzuhalten und bei der Gesuchseinreichung alle ausgelagerten Tätigkeiten der FINMA zu melden.
Angaben zum Domizil der Vertragspartei und des wirtschaftlich Berechtigten
Weiter muss der Gesuchsteller im Rahmen der Angaben zur Geschäftstätigkeit offenlegen, ob er nur schweizerische oder auch ausländische Kunden hat und, bei ausländischen Kunden, auch deren Domizilregion angeben. Die Domizilregion bzw. das Domizil des Kunden kann sich allerdings vom Domizil des wirtschaftlich Berechtigten unterscheiden, der im Rahmen der Pflichten unter dem Geldwäschereigesetz ("GwG") identifiziert werden muss.
Für das Bewilligungsgesuch an sich sind diese beiden Domizile getrennt zu behandeln, da das Domizil des wirtschaftlich Berechtigten erst im GwG-Kapitel angegeben werden muss. Wir empfehlen jedoch, beide Domizilregionen in der geografischen Beschreibung im Organisationsreglement zu adressieren.
Fazit und Ausblick
Die obigen Ausführungen sowie die Präsentation der FINMA haben gezeigt, dass die gesetzlichen Grundlagen sowie die Ausführungen der Behörden in Einzelfällen keine abschliessenden Antworten auf offene Fragen liefern und sich die Praxis für die neuen Bewilligungsformen teilweise gerade erst entwickelt. Möglicherweise ist auch diese bestehende Unsicherheit ein Grund, weshalb viele bestehende unabhängige Vermögensverwalter und Trustees mit der Gesucheinreichung noch zuwarten. Jedoch sollte in Hinblick auf die von der FINMA veröffentlichten Zahlen, die auf eine Flut von Gesuchen Ende 2022 deuten, der Bewilligungsprozess sobald wie möglich in Angriff genommen werden. Andernfalls riskieren die Gesuchsteller, dass die Prüfung ihres Gesuchs mehr Zeit in Anspruch nehmen wird als geplant.
Unser Team hat langjährige Erfahrung mit Bewilligungsgesuchen und steht in regem Austausch mit den Behörden. Wir unterstützen Sie gerne beim Bewilligungsprozess.
Keine Rechts- oder Steuerberatung
Dieses Legal Update gibt einen allgemeinen Überblick über die Rechtslage in der Schweiz und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Falls Sie Fragen zu diesem Legal Update haben oder Rechtsberatung hinsichtlich Ihrer Situation benötigen, wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Pestalozzi Rechtsanwälte AG oder an eine der in diesem Legal Update erwähnten Kontaktpersonen.
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